Philipp Bauknecht - Gebirgsherbst mit Fluss - image-1

Lot 14 D

Philipp Bauknecht - Gebirgsherbst mit Fluss

Auction 896 - overview Köln
29.11.2006, 00:00 - Moderne und Zeitgenöss.Kunst
Estimate: 80.000 € - 100.000 €
Result: 113.050 € (incl. premium)

Philipp Bauknecht

Gebirgsherbst mit Fluss
1920

Öl auf Leinwand 80,5 x 70,5 cm signiert

Im Tagebuch zum September des Jahres 1926 schreibt Kirchner:
"Es ist viel passiert inzwischen: Dez. bis März meine erste Deutschlandreise. Besuch von Curt, Ernas Bruder, A. Müllers Besuch, dann meine 2te Deutschlandreise mit Müller Juni 26 zur Ausstellung. Unser Raum in Dresden mit Scherer, Bauknecht, Müller, Camenisch, ich. Dann die grosse Ausstellung in Basel von den j. Leuten, die sehr gut aussahen."
(Lothar Grisebach, Ernst Ludwig Kirchners Davoser Tagebuch, Stuttgart 1997, S. 108)
Obwohl es nicht zu einer engeren persönlichen Beziehung zwischen den beiden Davoser Künstlern kam, schätzte Kirchner Bauknechts Arbeiten und es mag wohl auch den Empfehlungen des ehemaligen Brücke-Mitglieds, dem Bauknecht im Winter 1920 in Davos zum ersten Mal persönlich begegnete, und auch Schmidt-Rottluffs zu verdanken gewesen sein, daß Bauknecht seit den frühen 1920er Jahren in Deutschland ausstellen konnte. Es ergab sich u.a. die rückblickend bedeutsame Beteiligung in Dresden bei der "Internationalen Kunstausstellung" - hier mit Kirchner und den genannten jungen expressionistischen Künstlern aus der Schweiz, Hermann Scherer, Albert Müller, Paul Camenisch (die Basler Gruppe "Rot-Blau"); zwei Jahre später dann die Einzelausstellung bei Ferdinand Möller in Berlin. Da Bauknecht seine Werke nicht datierte, bildet die zu dieser Berliner Ausstellung von 1928 überlieferte Liste von 15 ausgewählten Arbeiten, zu denen auch das vorliegende Gemälde "Gebirgsherbst mit Fluss" gehörte, durch die eigenhändig ergänzten Datumsnotate des Künstlers ein wertvolles Dokument. (vgl. Gioia Smid (Hg.), op. cit., S. 39).
Bauknecht, seit 1910 aus gesundheitlichen Gründen in Davos, ließ sich 1920 in einem Bauernhaus am Eingang des Dischmatals nieder, ein Rückzug in die Landschaft, in "farbenfrohe Bergeinsamkeit", wie er selbst formulierte (Gioia Smid, op. cit. S. 30). So ergeben sich gewisse biographische, stilistische und vor allem motivliche Parallelen zu Ernst Ludwig Kirchner.
"Gebirgsherbst mit Fluss" ist eine expressionistische Komposition von großer farblicher Intensität und atmosphärischem Zauber. Der flächige wie kontrastreiche Aufbau mit den gezackten Farbkonturen ruft die klassisch gewordenen Gemälde und Farbholzschnitte Kirchners, etwa seine "Wettertannen" oder die "Wintermondnacht" (Dube H 392 bzw. 390, beide 1919) in Erinnerung. Der spezifische Farbklang hier ist jedoch ein für Bauknecht sehr typischer. Es sind holzschnittartige, fast unvermittelte Kontraste, die in diesem Gemälde durch den gewählten Landschaftsausschnitt zu einem beruhigten Ausgleich gelangen. Ein geschickter diagonaler Versatz der Flächen erzeugt die gewünschte Tiefendimension und die beeindruckende Fernwirkung des Gemäldes.

Provenance

ehemals Galerie Wazzau, Davos; Privatsammlung Schweiz; Rheinische Privatsammlung

Literature

Gioia Smid (Hg.), Philipp Bauknecht, Expressionist in Davos, Bussum (NL) 2002, S. 39 u. Anmerkung 37, S. 123

Exhibitions

Berlin 1928 (Galerie Ferdinand Möller), Frühjahrsausstellung, 12. Mai bis 12. Juni 1928, Nr. 42
Wir danken Iris Wazzau, Davos, für freundliche Hinweise.