Die Mörser-Sammlung Schwarzach - Europas bedeutendste Mörser

Am 17. Mai wird bei Lempertz in Köln ein Teil der größten europäischen Privatsammlung an Mörsern versteigert. Die Sammlung Schwarzach umfasst insgesamt mehr als 4000 Teile, die über zwei Generationen zusammengetragen wurden. Die Gefäße decken über 1000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte ab und stammen aus allen Regionen, wo schon sehr früh Erzguss betrieben wurde. Die frühesten Exemplare sind islamische Mörser des 8. bis 14. Jahrhunderts aus Afghanistan und dem Iran.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelangen erste Kunstwerke aus dem Raum Mesopotamien in die Sammlungen westlicher Museen. Die Besucher sind zutiefst beeindruckt von der frühen Hochkultur, die schon um 3000 v. Chr. Bronze gegossen hat und diese mit Silber- oder Goldeinlagen verzierte. Die Datierung und Zuschreibung der islamischen Metallobjekte war für die Wissenschaftler lange sehr schwierig. Die meisten intarsierten Objekte wurden traditionell der Schule von Mosul zugeschrieben. Durch die Emigration der Handwerker nach Aleppo, Damaskus und in den Iran konnten die Techniken der Schule von Mosul in diesen Regionen weiter fortleben. Doch heute wissen wir, dass es einen zweiten, aus dem Osten kommenden Technologie-Input gegeben hat, und der kam von den Metallarbeitern aus Khorasan. Wir beginnen also unsere Rundreise durch die Welt der historischen Mörser mit den frühesten Exemplaren der Sammlung aus dem Iran und Afghanistan.

Iran und Afghanistan – Anspruchsvolle Mörser mit Intarsien und Kufiinschriften

Die historische Landschaft Khorasan erstreckt sich heute über viele Staatengrenzen hinweg. Aus dem multiethnischen Gebiet stammt eine Vielzahl technisch anspruchsvollster Metallarbeiten mit Intarsien in verschiedenen Metallen, reichen Gravuren, plastischen Applikationen und Kufiinschriften, die unsere größte Bewunderung verdienen.

Spanien – Mörser zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert

So streng und rau wie spanische Architektur muten auch die Mörser zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert an. Das dominante Merkmal ist die vertikale Gliederung durch Rippen oder Baluster. Benennungen der Gießer oder Besteller kommen hier generell seltener vor. Eine Wappenauflage, die die Hausapotheke bezeichnet, kann schon als luxuriöse Gestaltung interpretiert werden.

England – Die frühesten europäischen Bronzemörser

Aus England stammen die frühesten europäischen Bronzemörser. Der Aufriss ist leicht konkav, mit zwei kräftigen, schlaufenartigen oder eckigen Henkeln. Ähnlich wie bei frühen norddeutschen Mörsern ist der Dekor horizontal angelegt.

Frankreich – Rippenmörser aus dem 16. Jahrhundert

Es ist auffällig, wie lange noch in Frankreich im 16. Jahrhundert Rippenmörser gegossen wurden. Die Franzosen haben generell breitkonische Formen bevorzugt. Um 1600 entwickeln sich die Rippen zu Pilastern. Ganz typisch sind die gestochen scharfen Lettern, einzeln auf Plaketten gegossen, die Gießer oder Besteller benennen.

Norddeutsche Mörser mit Scheibenfuß

Der früheste deutsche Mörser steht auf einem Scheibenfuß, seine Wandung ist mit horizontalen Profilen umlegt. Generell wird der konische Aufriss bevorzugt, ab dem 16. Jahrhundert mit gravierten oder reliefplastischen Dekorbändern. Ein spezieller Typus der Gießermarke, die Hausmarke, ist gleichfalls typisch für die Region.

Westdeutschland und Niederlande

In der dicht besiedelten westeuropäischen Region wurde eine große Fülle von Mörser produziert und benötigt. Fast alle kennzeichnen sich seit dem 15. Jahrhundert durch einen klaren, leicht konischen Aufriss mit weit auskragender Mündung und einem kräftig profilierten Stand. Es gibt viele Signaturen, Datierungen, Benennungen der Besteller und der Anlässe, zusätzlich Segenssprüche und Motti.

Süddeutschland – Mörser mit fein stilisierten Tatzenfüßen

Eine hohe schlanke zylindrische Form mit ausschwingend, glockigem Lippenrand dominiert den süddeutschen, meist einhenkligen Mörser-Aufriss. Die vertikal gegliederte Wandung erwidert mit Dorn- und Säulenrippen eine von der gotischen Architektur inspirierte Formsprache. Besonders feine und stilisierte Tatzenfüße dienen als Basis und Verstärkung des Stands.

Mörser aus Tirol

Das Formvokabular des süddeutschen Mörsers setzt sich auch in Tirol fort, insbesondere in Südtirol. Die massive Basisplatte, die manchmal wellig ansteigt, dominiert den Aufriss. Platz für Reliefdekor wäre genug vorhanden auf der meist einhenkligen Wandung, jedoch ist der Tiroler Mörser deutlich zurückhaltender dekoriert als der italienische Typus südlich der Alpen.

Barocke Mörser aus der Schweiz

Der Schweizer Mörser ist selten. Die barocken, hier präsentierten Stücke zeugen von französischem oder sogar niederländischem Einfluss. Vorhandene Inschriften sind immer in der gesprochenen Landessprache, auf christliche Emblemata wird verzichtet. Der präzise Guss setzt geübte Hüttentechnik voraus.

Italienische Mörser im prächtigen Glockenguss

Mehr als in allen anderen Produktionsstätten wird in Italien die enge Verbindung zum Glockenguss deutlich. Die prächtigen, schwungvollen Wandungen erinnern jedoch nicht nur an eine Bronzeglocke, sondern auch an die 2000 Jahre tradierte Form römischer Kratervasen.

Prof. Dr. Klaus Bergdolt, Medizin- und Kunsthistoriker, berichtet passend: „Der Mörser war ursprünglich, und das ist das Faszinierende, eines der wichtigsten handwerklichen Utensilien. Zwischen Indien, Westeuropa und Afrika war er jedermann vertraut. Sein Aufstieg vom Multifunktionsgerät zum Kunstwerk war nicht selbstverständlich, zeugt aber eindrucksvoll von der Ästhetik des Alltags, der frühere Generationen wie selbstverständlich Tribut zollten.“

Zitat: „Die Form folgt der Funktion“

 

Wir freuen uns, dass das Magazin Weltkunst über unsere Sonderauktion berichtet hat: www.weltkunst.de/auktionen/2019/04/zerkleinern-zerstossen-und-pulverisieren