Francis Alys

Francis Aly wurde 1959 in Antwerpen geboren, verbrachte seine Kindheit im belgischen Pajottenland und studierte von 1978 bis 1986 Architektur in Tournai und Venedig. 1987 ging er im Auftrag der belgischen Regierung nach Mexiko, um dort als Ingenieur bei der Beseitigung der Schäden nach dem Erdbeben von Mexiko-Stadt 1985 zu helfen. Francis Alys blieb auch nach der Beendigung dieses Hilfsprojekts in Mexiko und begann, sich künstlerisch zu betätigen. Bald kam es zur Bekanntschaft und Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Künstler und Kurator Guillermo Santamaria (*1957), der sich darum bemühte, in seinem El Salon de los Aztecas junge Künstler der Öffentlichkeit zu präsentieren. In Mexiko-Stadt fand Francis Aly seine Bestimmung und neue Heimat; mit ihrem einzigartigen Gemisch aus historischen Gebäuden und lebensfroh-buntem, geschäftigem Alltagstreiben faszinierte ihn die von über 9 Millionen Menschen bewohnte Hauptstadt Mexikos vom ersten Tag an und wurde zu einem wichtigen Bezugspunkt seiner Arbeit als Künstler.

Francis Alys entwickelt seine künstlerischen Konzepte meist während seiner Streifzüge (»paseos«) durch Mexiko. Seiner Kunst haftet dabei etwas Augenblickliches und Vergängliches an; tatsächlich achtet er darauf, möglichst keine Skulpturen oder Installationen im öffentlichen Stadtraum zu hinterlassen. Für eines seiner Projekte schob er einen Eisblock durch die Straßen von Mexiko-Stadt, bis dieser ganz geschmolzen und nur noch eine allmählich verdunstende Wasserspur zu sehen war. Für seine Aktion Fairy Tales (1994) trennte er im Gehen seinen Wollpullover auf und zog ihn als Fadenspur hinter sich her wie Theseus den Ariadnefaden im Labyrinth des Minotaurus. Dem Künstler gefällt die Vorstellung, dass seine Kunst auf diese Weise nicht greifbar wird, sondern mehr eine Erinnerung und ein Gerücht bleibt, eine Erzählung in den Straßen der Stadt, von Augenzeugen begonnen und verfremdet und verfälscht von Menschen, die sie nur vom Hörensagen kennen. Ganz verloren sind die Aktionen von Francis Alys allerdings nicht: Der Künstler dokumentiert sie auf Video.

Francis Alys sollte 2001 an der 49. Biennale di Venezia teilnehmen, schickte statt seiner aber einen dressierten Pfau, der über das Gelände der Kunstausstellung spazierte und den Künstler auch auf allen abendlichen Empfängen vertrat. Francis Alys beschränkt sich mit seinen Aktionen und Installationen nicht auf Mexiko, sondern arbeitet auf der ganzen Welt mit lokalen Gemeinschaften und internationalen Organisationen zusammen, zum Beispiel spazierte er mit einer auslaufenden Farbdose die israelisch-palästinensische Grenze ab oder ließ von 500 Freiwilligen eine 200 Meter hohe Sanddüne nur mit Schaufeln abtragen und um 10 Zentimeter versetzen. Für seine Kunst erhielt Francis Alys Preise und Auszeichnungen, darunter 2002 den Hugo Boss Prize, 2020 den Rolf-Schock-Preis für Kunst und 2023 den Wolfgang-Hahn-Preis Köln. Seit 2018 ist er außerdem assoziiertes Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften und Schönen Künste von Belgien. Im Jahr 2022 nahm Francis Alys zum zweiten Mal an der Biennale di Venezia teil – diesmal bespielte er den belgischen Pavillon in eigener Person.

 

Francis Alys lebt und arbeitet in Mexiko-Stadt.