Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin schreiben eine Liebes- und Kunstgeschichte, die es in sich hat: Mit ihren ebenso verstörenden wie faszinierenden, ästhetisch ansprechenden und grotesk abstoßenden Fotokompositionen hat sich das Paar zu einer Marke entwickelt, an der in der Welt der Reichen und Schönen niemand mehr vorbeikommt.
(...) WeiterlesenAls Kunststudenten begegneten sich Inez & Vinoodh zum ersten Mal
Inez van Lamsweerde wurde am 25. September 1963 geboren, Vinoodh Matadin am 29. September 1961, beide in Amsterdam, wo sie sich als Studenten zum ersten Mal begegneten. Die Vorzeichen für eine Beziehung standen schlecht, waren doch beide an andere Partner vergeben. Vinoodh Matadin bat Inez van Lamsweerde dennoch, seine neu kreierte Modekollektion zu fotografieren – es war das erste Mal, das beide Künstler zusammenarbeiteten, dass Inez & Vinoodh ihre kreativen Kräfte auf ein gemeinsames Ziel ausrichteten. Es blieb nicht das letzte Mal: Die Anziehungskraft zwischen Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin war so gewaltig, dass sie wenige Jahre später ein Paar wurden, in privater wie in beruflicher Hinsicht. Dabei entwarf die ausgebildete Fotografin Inez van Lamsweerde zunächst allein die Bilder und der studierte Modedesigner Vinoodh Matadin sorgte für das Styling – mit zunehmender Dauer ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit verschmolzen die Rollen jedoch immer mehr und sind heute nicht länger klar aufzulösen. Das Künstlerpaar selbst spricht gern von einem organischen Arbeitsprozess, der sich in einer über 30-jährigen Arbeits- und Liebesbeziehung zu einem Fluss von spielerischer Leichtigkeit entwickelt hat.
Unschuldige Mädchengesichter mit grinsenden Männermündern
Inez van Lamsweerde sorgte als Fotografin 1993 für Aufsehen, als sie mit ihrer Bilderserie Final Fantasy die etablierten Sehgewohnheiten ihres Publikums herausforderte. Zu sehen sind Kinder, vier dreijährige Mädchen in rosafarbenen Anzügen, die sich in kokette Posen werfen und mit seltsam verzerrten Mündern ins Leere lächeln. Die Ursache für die verstörende Anmutung der kindlichen Züge erschließt sich erst bei genauem Hinsehen: Mit den Mitteln der Bildbearbeitung wurden die Münder der Kinder durch die Münder von Männern ersetzt. Das Schöne und Vertraute bekommt durch die künstlerische Arbeit einen Zug des Monströsen – für das Werk von Inez & Vinoodh ist dieses Merkmal charakteristisch und macht ihre Veröffentlichungen immer wieder zu einem vielbeachten Ereignis.
Ein künstlerisch wertvolles Bild muss nicht die Wirklichkeit zeigen
Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin zeigen mit ihren Bildern nicht die Wirklichkeit, sondern eine künstlerische Interpretation derselben. Nominell beschäftigt sich das Künstlerpaar mit der Modefotografie, doch sprechen ihre Arbeiten nur auf den ersten Blick deren hochglanzpolierte Sprache. Wo die klassische Modefotografie sich der Retusche bedient, um körperliche Mängel zu verbergen und die Schönheit der Modelle zu steigern, gehen Inez van Lamsweerde und ihr Partner Vinoodh Matadin bewusst andere Wege. Die digitale Bildkomposition ist für die Künstler der Weg zu einem neuen Bild. Als Pioniere der Bildmanipulation stehen beide zu ihrer Veränderung der Realität, betonen aber, dass es bei ihrem Schaffen nicht um Täuschung gehe, sondern um Träume. Diese träumen sie meist gemeinsam, nur selten bleibt Zeit und Motivation für Soloprojekte. Vinoodh Matadin besinnt sich gelegentlich auf seine Wurzeln und entwirft eine Schmuckkollektion; beide lieben außerdem das Spiel mit Blumen und Düften – exklusiv für Freunde und Familie hat das Paar eine eigene Parfümmarke kreiert.
Zwischen den Künstlern gibt es kein Konkurrenzdenken
Weder Inez van Lamsweerde noch Vinoodh Matadin empfinden gegenüber der Arbeit des jeweils anderen ein Konkurrenzdenken. Sie erarbeiten ihre Projekte gemeinsam, fotografieren die Modelle aus verschiedenen Perspektiven und entscheiden dann im Verbund, welche Aufnahmen sich für das aktuelle Projekt am besten eigenen. Dabei spielt keine Rolle, von wem ein Bild aufgenommen wurde, denn in der Summe steht immer die gemeinsame Urheberschaft, ohne einzelne Verdienste separat aufzuschlüsseln. Um diese Einigkeit und das blinde Verständnis werden die Künstler häufig beneidet – und die Großen der Film- und Modeszene stehen geradezu Schlange, um vor den Objektiven des Paares zu posieren. Sie gestalteten 2006 den berühmten Pirelli-Kalender und schufen eigenwillige Starporträts: Lady Gaga mit drei Köpfen, Bill Murray mit einem Bart aus Blumen, Carmen Kass mit dem Hals einer Giraffe und zahlreiche Collagen, die in Zusammenarbeit mit dem Designbüro M/M Paris entstanden. Ihre Kampagne für den japanischen Modedesigner Yōji Yamamoto setzte ebenso Maßstäbe wie ihr Video für den Song Hidden Place von der isländischen Sängerin Björk.
Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin leben und arbeiten überwiegend in New York und Paris.
Inez van Lamsweerde - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: