Marlow (Marjorie Jewell) Moss

Marlow Moss – Ein emotionaler Schock machte Marjorie zu Marlow

Marlow Moss wurde am 29. Mai 1889 in Kilburn als Marjorie Jewel Moss geboren. Als Tochter eines vermögenden Textilfabrikanten konnte sie ihren musischen Neigungen nachgehen. In frühen Jahren interessierte sie sich besonders für die Musik, aber aufgrund einer Tuberkulose-Erkrankung musste sie ihr diesbezügliches Engagement für mehrere Jahre unterbrechen. Nach ihrer Genesung fokussierte sie sich zeitweilig auf das Ballett, wandte sich aber schließlich der bildenden Kunst zu. Gegen den Willen ihrer Familie schrieb sich Marlow Moss 1916 an der St. John's Wood School of Art ein, die sie aber bereits im folgenden Jahr wieder verließ, um ihr Studium an der Slade School of Fine Art fortzusetzen. Dort erlitt sie ein emotionales Trauma, das sie dazu bewog, ihre Ausbildung abzubrechen und in vollständiger Zurückgezogenheit im ländlichen Cornwall zu leben. Zu dieser Zeit änderte sie ihren ursprünglichen Vornamen Marjorie in Marlow und begann, sich wie ein Mann zu kleiden.

Erstes eigenes Atelier in London und Umzug nach Paris

Marlow Moss begeisterte sich für die Physikerin und Chemikerin Marie Curie und kehrte schließlich 1923 nach London zurück, wo sie ihr Studium wieder aufnahm – zunächst am British Museum Reading Room, dann an der Penzance School of Art. Hatte ihr Studieninteresse zunächst der Skulptur gegolten, verlegte sie sich 1926 auf die Kunstmalerei. Marlow Moss richtete sich in London ihr eigenes Atelier ein, trat als Mann mit kurzen Haaren auf, trug Krawatte und Hosen und ließ ihre Namensänderung urkundlich beglaubigen. 1927 unternahm sie eine Reise nach Paris und unter dem Eindruck der für Künstler so anregenden Atmosphäre der französischen Kulturmetropole beschloss sie, von jetzt an dort zu leben. In Paris studierte sie an der Académie Moderne unter Amédée Ozenfant und Fernand Léger und begeisterte sich für die Kunst des niederländischen Avantgarde-Pioniers Piet Mondrian, der ihren eigenen Stil nachhaltig beeinflusste. In Paris lernte Marlow Moss außerdem die niederländische Schriftstellerin Antoinette Hendrika Nijhoff-Wind kennen, die zu dieser Zeit noch mit dem Dichter Martinus Nijhoff verheiratet war, aber später ihre Geliebte wurde.

Die Erfindung der Doppellinie als künstlerischer Standard

Marlow Moss war Gründungsmitglied der Künstlervereinigung Abstraction-Création und tauschte sich mit dem belgischen Maler Georges Vantongerloo und seinem französischen Kollegen Jean Gorin aus. Im Wechsel mit Piet Mondrian hatte sie maßgeblichen Anteil daran, dass die Doppellinie zu einem künstlerischen Standard wurde. Ihre Vorkriegsarbeiten, die aus abstrakten Gemälden mit Linien und Mustern im Stil von Mondrians Neoplastizismus sowie weißen Holzreliefs mit Schnüren und Seilen bestanden, wurden während der deutschen Bombenangriffe auf Paris mitsamt ihrem Pariser Atelier zerstört. Marlow Moss begann nach dem Krieg wieder zu malen, wobei ihre späteren Werke zwar im Stil den frühen Arbeiten ähneln, aber einen intensiveren Farbgebrauch aufwiesen. Darüber hinaus schuf sie verschiedene Skulpturen und Reliefs. Die Kunsthändlerin Erica Brausen präsentierte Marlow Moss' Werke 1953 und 1958 in der Hanover Gallery in London, weitere Ausstellungen im Stedelijk Museum Amsterdam (1962) und im Stadhuis Middelburg (1972) schlossen sich an. Aufgrund ihrer äußerst zurückgezogenen Lebensführung wurde die Künstlerin zu Lebzeiten trotzdem nie einem größeren Publikum bekannt.

Marlow Moss starb am 23. August 1958 in Penzance.