Johann Philipp Ferdinand Preiss

Ferdinand Preiss - Das Elfenbeinschnitzen lernte der Künstler bei seinem Onkel

Ferdinand Preiss wurde am 13. Februar 1882 in Erbach im Odenwald geboren. Während der Vater Karl Daniel Heinrich Preiss ein Hotel führte, entstammte die Mutter Katharina Preiss einer Familie von Elfenbeinschnitzern. Bereits im Alter von fünfzehn Jahren verlor er beide Elternteile, worauf er und seine fünf Geschwister in die Obhut von Verwandten und Freunden kamen. Ferdinand Preiss selbst wurde von dem Erbacher Elfenbeinschnitzer Philip Willmann aufgenommen, der mit einer Schwester von Katharina Preiss verheiratet war. In Willmanns Werkstatt erlernte der junge Mann die Grundlagen des Elfenbeinschnitzens, das er selbst bald mit großer Meisterschaft beherrschte. Seine ersten Figuren entstanden nach antiken griechischen und römischen Vorbildern. Im Jahr 1901 verließ Ferdinand Preiss seinen Onkel, um in Berlin die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums zu besuchen. Studienreisen führten ihn nach Paris, Rom und Mailand. Seinen Lebensunterhalt konnte der Künstler in dieser Zeit mit Modellierarbeiten bestreiten.

Gründung von Preiss & Kassler, Kriegsdienst als Sanitäter

Ferdinand Preiss war immer darauf bedacht, sich weiterzubilden und seine Kenntnisse zu verfeinern; zu diesem Zweck arbeitete er an verschiedenen Orten für verschiedene Institutionen und mit verschiedenen Künstlern zusammen. 1905 begann er seine Tätigkeit für die Firma Karl Haebler in Baden-Baden. Während dieser Zeit machte er die Bekanntschaft des ursprünglich aus Berlin stammenden Arthur Kassler, mit dem er im Jahr 1907 ein gemeinsames Unternehmen gründete: Preiss & Kassler, Geschäft für Elfenbeinkunst mit Werkstatt. Dabei war Kassler für das Geschäft zuständig und Preiss für die Werkstatt. Durch eine höhere Qualität in doppelter Manier, bezogen auf Entwurf und Ausführung, wollte man sich von der Konkurrenz absetzen. Die Geschäfte ließen sich gut an, kamen aber durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs wieder zum Erliegen. Ferdinand Preiss tat Dienst als Sanitäter und konnte seine künstlerische Arbeit einstweilen nicht fortsetzen. Nebenbei schuf er Landschaftszeichnungen, die als Vorlagen für Postkarten verwendet wurden und sich gerade bei den Soldaten der Ostfront großer Beliebtheit erfreuten. Diese Arbeit gab seiner jungen Familie ein Auskommen über die Kriegstage.

Die goldenen Zwanzigerjahre brachten den Aufschwung

Ferdinand Preiss und Arthur Kassler konnten ihr Elfenbeingeschäft nach Ende des Krieges wieder eröffnen und in den goldenen 1920er-Jahren beträchtliche Erfolge feiern. Der Prozess der Herstellung wurde zunehmend verfeinert; so setzte Ferdinand Preiss unter anderem auf den innovativen Einsatz eines Zahnarztbohrers, der mehr Umdrehungen schaffte und damit noch feiner abgestufte Effekte erzielen konnte. Gegenstand der Modellierarbeit waren nicht länger antike Gestalten, sondern Persönlichkeiten der Moderne: Die schwüle, freizügige und aufgeladene Atmosphäre des Berliner Nachtlebens stand mit ihren Tänzerinnen und Glamourdiven Modell für einen neuen Typ von Skulpturen, der bald reißenden Absatz fand – nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland, vor allem in Großbritannien. Bald standen namhafte Künstler in Diensten der Firma, die ihre gefragten Produkte nun unter dem Markennamen PK vertrieb: Rudolf Belling, Otto Poertzel, Dorothea Charol und Richard W. Lange gehörten zu der illustren Riege, die jedoch nicht verhindern konnte, dass der erneute Kriegsausbruch die Exportgeschäfte zum Erliegen brachte.

Ferdinand Preiss starb am 29. Juli 1943 in Berlin an einem Gehirntumor.