Alfred Stevens

Alfred Stevens wurde am 11. Mai 1823 in Brüssel geboren. Die bildende Kunst spielte eine wichtige Rolle in seiner Familie: Sein Vater, der als Soldat in den Napoleonischen Kriegen gekämpft hatte, war ein leidenschaftlicher Kunstsammler und nannte mehrere Aquarelle des französischen Malers und Wegbereiters des Impressionismus Eugène Delacroix (1798–1863) sein eigen. Die Neigung zur Kunst hatte er seinen Söhnen vererbt: Die beiden ältesten Söhne Joseph Stevens (1816–1892) und Alfred Stevens wurden Maler, der jüngste Sohn Arthur Stevens (1825–1899) Kunsthändler und Kritiker. Die Großeltern mütterlicherseits betrieben in Brüssel das Café de l'Amitié, in dem Schriftsteller, bildende Künstler und Politiker verkehrten, ein Umgang, der die Kinder der Familie Stevens prägte und neben ihrer Neigung zur Kunst auch ihre sozialen Fähigkeiten schärfte. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1937 schrieb sich Alfred Stevens an der Académie Royale des Beaux-Arts ein und wurde dort Schüler des neoklassizistischen Malers François-Joseph Navez (1787–1869).

Alfred Stevens übte sich zwei Jahre lang nach traditionellen Vorlagen im Zeichnen und folgte 1843 seinem Bruder Joseph nach Paris, wo er auf Vermittlung seines Lehrers Navez zunächst Aufnahme im Atelier des Malers und Lithografen Camille Roqueplan (1802–1855) fand und die renommierte École des Beaux-Arts besuchte, wo er widersprüchlichen Angaben zufolge von Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780–1867) unterrichtet wurde. In Paris teilte sich Alfred Stevens zeitweise ein Quartier mit seinem Künstlerfreund Florent Willems (1823–1905), mit dem er die Bewunderung für künstlerische Vorbilder wie Gerard ter Borch (1617–1681) und Gabriel Metsu (1629–1667) teilte. 1851 wurden drei Werke von Alfred Stevens erstmals öffentlich auf dem Brüsseler Salon gezeigt, 1853 gewann er eine bronzene Medaille auf dem Pariser Salon und 1855 eine silberne Medaille auf der Weltausstellung. Mit seinem frühen Ölgemälde Ce que l'on appelle le vagabondage erregte er die Aufmerksamkeit des französischen Kaisers Napoleon III., der die darauf dargestellte Schikane der Armen durch Soldaten in der Folge unterband.

Alfred Stevens verdankte seinen Ruhm vor allem seinen Genrebildern aus dem Leben der Pariser Gesellschaft, das er in seinem eigenen Stil interpretierte, was ihm gleichermaßen Lob von Kritik und Publikum einbrachte. Die Pariser Avantgarde um Künstler wie Gustave Courbet (1819–1877), Edgar Degas (1834–1917) und Pierre Puvis de Chavannes (1824–1898) gehörten zu seinem Umgang. Im Deutsch-Französischen Krieg kämpfte der Maler zunächst aufseiten der Franzosen, floh dann aber mit seiner Familie nach Belgien. Nach dem Krieg kehrte er zurück und konnte an seine alten Erfolge anknüpfen. Er besaß ein prächtiges Anwesen, das er allerdings für den Bau einer Straße verlassen musste, die aber immerhin nach ihm benannt wurde. In den 1880er-Jahren geriet er durch finanzielles Fehlmanagement in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste sich einen aus Gesundheitsgründen notwendigen Aufenthalt am Meer von dem Kunsthändler Georges Petit bezahlen lassen. Im Gegenzug erhielt dieser das Recht an allen Gemälden, die der Künstler während dieser Zeit schuf. So wurde das Meer zu einem wichtigen Motiv in Stevens' Spätwerk.

Alfred Stevens starb am 24. August 1906 in seiner Geburts- und Heimatstadt Brüssel.