Ernst Ludwig Kirchner
Drei Wege
1917
Original-Holzschnitt auf chamoisfarbenem dicken Velin 50 x 33,7 cm (57 x 44,2 cm) Unter Glas gerahmt. Signatur und Beschriftungen im Unterrand gänzlich verblaßt. Einer von nur wenigen Handdrucken. Sehr selten. Weitere Exemplare befinden sich in den Sammlungen des Essener Folkwang Museums, des Kestner-Museums Hannover, des Art Institute Chicago, des Kunsthaus Zürich und des Berliner Kupferstichkabinetts. - Mit Altersmängeln, zwei Risse fachmännisch alt restauriert.
Das vorliegende Werk gehört zur Gruppe der 17 Holzschnitte, deren Entstehung auf der Stafelalp 1917, während Kirchners erstem Sommer in Davos, als gesichert gilt. Die aktive Hinwendung zur neuen Umgebung und zu ihren Bewohnern sollte Kirchner Mittel sein, um seinen labilen Gesundheitszustand zu stabilisieren. Umfangen von den schweizerischen Bergen entstanden Landschaften seiner neuen Lebenswelt, die sich durch eine neue, elementare und kämpferische Kraft auszeichnen und dabei alles andere als Idyllen sind.
Bei dem extrem raren Blatt handelt es sich um den ersten Holzschnitt des Künstlers in Davos ohne Staffage. Dargestellt ist die damals noch wesentlich offenere Waldpartie unterhalb der Stafelalp, auf die drei Wege führten: Der alte Weg für die Kühe, der steile Weg für die Bauern und die erst 1908 gebaute Straße für den Milchtransport. Die dramatisch überhöhte Bergkulisse, die gestauchte Tiefenräumlichkeit und die Verlebendigung der Wolken verweisen mitunter auf Kirchners Beschäftigung mit der Ostschweizer Volkskunst, deren Formensprache ihn vielfach inspirierte. (Vgl. Matthias Frehner, Berglandschaft aus Davos - „die grosse Steigerung“, in: Ausst. Kat. Expressionismus aus den Bergen, Bern/Groningen/Chur 2007-2008, Kunstmuseum Bern u.a., S. 23 f.)
Werkverzeichnis
Dube H 303; Gercken 855