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Lot 353 Dα

Der Kölner Susannaschrank

Auktion 1220 - Übersicht Köln
17.05.2023, 14:00 - Möbel Kunstgewerbe
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 126.000 € (inkl. Aufgeld)

Der Kölner Susannaschrank

Nuss massiv, Eiche, Fichte, Schmiedeeisen. Überbauschrank mit schrägen Ecken, à deux corps: Zweitüriger Unterschrank mit zwei Schüben in der Basis und zwei weiteren im Gurtgeschoss, dreiseitig zurückgesetzter, ebenfalls zweitüriger Aufsatz. Das Gesims getragen von zwei vollplastischen Karyatiden, den Allegorien Spes und Prudentia. Auf den Türen vier Relieffelder mit Darstellungen aus der Susannengeschichte. Betonte schräge Ecken und die Anschlagleisten figural beschnitzt, unten mit Karyatiden und Maskarons, oben mit weiblichen Figuren/Allegorien. Auf den Schubfronten geschweifte Ranken (nach Wolfram Koeppe "geohrtes Knorpelwerk"), auf den seitlichen Rückwänden des Aufsatzes und im Gesims je zwei geflügelte Engelsköpfe. Geringe Schäden durch früheren Insektenbefall, vor allem links vorne an der Basis sichtbar, links hinten zwei lose Teile. H 182, B 150, T 68 cm.
Um 1630 - 45.

Bedeutendes Kulturgut

Das beeindruckend detaillierte Bildprogramm dieses Möbels geht zurück auf den Antwerpener Kupferstecher Jan Collaert d.J. (1561/66 - 1620/28), der 1552 die Geschichte der Susanna nach Marten de Vos (um 1531 - 1603) publizierte. Dargestellt sind die Szenen Susanna im Bade (oben links), Susanna vor dem Richter (oben rechts), Das Eingreifen Daniels (unten links) und Die Steinigung der Ältesten (unten rechts).
Die erste Zusammenstellung aller bekannten Kölner Überbauschränke lieferte Britta Hoppe 1999. Von dem hier vorgestellten Möbel mit schrägen Ecken und dreiseitig zurückgesetztem Aufsatz konnte sie insgesamt 15 Exemplare finden, darunter nur einen, nämlich diesen hier, mit dem Bildprogramm der Susannengeschichte. Fünf weitere gleiche Schränke zeigen die vier Evangelisten, drei die Geschichte von David, zwei Jahreszeitenfolgen. Die Verwandtschaft mit den beiden Überbauschränken in den Kölner Museen (Evangelistenschrank im Museum für Angewandte Kunst Köln und Davidschrank im Kölnischen Stadtmuseum), die zum Vergleich herangezogen werden können, ist evident. Alle drei Möbel haben denselben Aufriss und Proportionen, gleiches Schnitzwerk auf den Schubfronten und den Pilastern unten, identische Karyatiden unter dem Gesims. All das spricht für die Produktion dieser Möbel in einer Werkstatt.
Petra Werhahn-Fleischhauer vermutet, dass sich nach 1610 der Übergang von den intarsierten zu den geschnitzten Überbauschränken in der Werkstatt von Melchior von Rheidt und seinem Nachfolger Hans von Rheidt vollzogen hat. Im Kölnischen Stadtmuseum befindet sich auch ein intarsierter Susannenschrank aus der Werkstatt Melchior von Rheidts, 1601 - 1605 datiert. Es ist interessant, dass ein zuerst intarsiertes ikonographisches Konzept eine Generation später nach anderen Vorlagen in Reliefschnitzerei erneut ausgeführt wird. In dieser Zeitspanne hat ein einschneidender Geschmackswandel stattgefunden, den das hier vorgestellte Möbel paradigmatisch belegt.

Provenienz

Boardmans Fine Art Auctioneers Suffolk am 20. November 1996, Lot 342.
Kunsthandel Volker Rüter, Hannover.
Hampel München Auktion am 9. Dezember 2005, Lot 471.
Privatsammlung Hannover.

Literaturhinweise

Abgebildet bei Hoppe, Geschnitzte Kölner Überbauschränke des 17. Jahrhunderts, Bonn 1999, Abb. 24, Kat. Nr. 11.
Abgebildet bei Krischel/Sevcik (Hg), Susanna. Bild einer Frau vom Mittelalter bis MeToo, Köln-Petersberg 2022, Kat. 7.
Vgl. Koeppe, Die Lemmers-Danforth-Sammlung Wetzlar. Europäische Wohnkultur aus Renaissance und Barock, Heidelberg 1002, Kat. Nr. M 62, ein gleicher Überbauschrank mit vier Szenen aus dem Leben König Davids.
Vgl. Werhahn-Fleischhauer, Melchior von Rheidt und die Frage der Kölner Intarsienmöbel, in: Schäfke (Hg), Coellen eyn Croyn. Renaissance und Barock in Köln, Köln 1999, Abb. 32.
Vgl. Colsman, Möbel. Gotik bis Jugendstil. Die Sammlung im Museum für Angewandte Kunst Köln, Köln 1999, Kat. Nr. 94.
Vgl. Klein/Krutisch, Schränke und Kommoden 1650 - 1800. Bestandskatalog Teil I, Nürnberg-Ostfildern 2015, Kat. 1.

Ausstellung

Wallraf-Richartz-Museum und Fondation Corboud Köln vom 28. Oktober 2022 bis 26. Februar 2023.