Kölner Überbauschrank
aus der Werkstatt Melchior von Rheidt
Ebenholz, Ahorn, Birne, farbig gefärbte und brandschattierte Weich- und Obsthölzer, auf Weichholz und Eiche, geschmiedete Eisenschlösser. Überbauschrank à deux corps: Zweitüriger Unterschrank, dreiseitig zurückgesetzter, ebenfalls zweitüriger Aufsatz. Das Gesims getragen von zwei vollplastischen weiblichen Karyatiden. Auf den Vorderbeinen jeweils ein aufgesetzter Maskaron. Alle rahmenden und gliedernden Elemente reich intarsiert mit Vögeln, Blüten, Blättern und Zweigen sowie Bandwerkranken auf ebonisiertem Fond. In den unteren Türfüllungen Intarsien mit großen Blumenvasen. In den oberen Türen Darstellungen von Vögeln in illusionistischen Rahmen. Im Mittelgurt zwei Schübe, getrennt von drei reliefiert geschnitzten weiblichen Maskarons, auf der Basisfront entsprechend drei männliche Maskarons. Auf allen vier Seitenflächen Bandwerkfelder in Profilrahmen. Die Hand einer Karyatide verloren, minimale Fehlstellen in den Intarsien, einige Schwundrisse, Spuren früheren Insektenbefalls. H 171, B 130, T 69 cm.
Um 1600 - 1610.
Die Formen der Arabesken/Beschlagwerkornamente finden sich in sehr ähnlicher Art auf den beiden Schränken im Museum für Angewandte Kunst Köln und auf einer Truhe im Kölnischen Stadtmuseum. Die Ornamente gehen zurück auf den Kölner Kupferstecher Jakob Guckeisen und den Strasbourger Kupferstecher Johann Jakob Ebelmann, die 1599 in Köln das "Schweyfbuch" publizierten.
Petra Werhahn-Fleischhauer vermutet, dass sich nach 1610 der Übergang von den intarsierten zu den geschnitzten Überbauschränken in der Werkstatt von Melchior von Rheidt und seinem Nachfolger Hans von Rheidt vollzogen hat. Die frühesten bekannten Möbel der Werkstatt zeigen statt der figürlichen Karyatiden intarsierte Pfeiler und statt der Maskarons z.B. Diamantbuckel. Das hier vorgestellte Möbel ist ein typisches Beispiel für diese Übergangszeit. Alle Sichtflächen sind mit unterschiedlichen Ornamenten befüllt, die handwerklich absolut meisterhaft ausführt sind und auf ein großes Repertoire verweisen. Eine Verdichtung oder qualitative Verbesserung des Intarsienschmucks ist nicht mehr möglich. Die Weiterentwicklung des Objekts besteht ausschließlich in der Hinzufügung skulpturaler Elemente.
Provenienz
Niederrheinische Privatsammlung.
Literaturhinweise
Vgl. zum Typus Colsman, Möbel, Gotik bis Jugendstil, Köln 1999, Kat. Nr. 90 ff.
Vgl. Werhahn-Fleischhauer, Melchior von Rheidt und die Frage der Kölner Intarsienmöbel, in: Der Riss im Himmel, Band I, Köln 1999, S. 255 ff.