Simon Bening

Simon Bening wurde um das Jahr 1483 herum in Gent oder Antwerpen geboren. Er war der älteste Sohn des Buchmalers Alexander Bening (1444–1519) und dessen Ehefrau Kathelijn van der Goes, bei der es sich wahrscheinlich um eine Schwester oder Nichte des berühmten flämischen Malers Hugo van der Goes (1430/40–1482) handelte. Das künstlerische Talent wurde Simon Bening damit in die Wiege gelegt, seine Ausbildung erhielt er wohl in der Werkstatt seines Vaters. Im Jahr 1500 begann er damit, selbstständig künstlerisch zu arbeiten, seit diesem Zeitpunkt ist seine Signatur bei der Gilde des Heiligen Johannes in Brügge registriert. Einige Jahre lang reiste Simon Bening zwischen Gent, Brügge und Antwerpen hin und her, ehe er zwischen 1510 und 1517 in Brügge seinen festen Wohnsitz nahm. Von 1517 bis 1555 wird er regelmäßig in den Jahresrechnungen der Zunft ausgewiesen, dreimal (1524, 1536, 1545) ist er als Dekan der Kalligrafen, Buchhändler, Illuminatoren und Buchbinder in der Gilde des Heiligen Johannes und des Heiligen Lukas bezeugt.

Simon Bening gehörte zu den glücklichen Künstlern, die ihren Ruhm bereits zu Lebzeiten genießen konnten. Er lebte in einer Epoche, die seinem Wirken sehr entgegenkam: Die flämische Buchdruckkunst befand sich auf einem Höhepunkt, der Bedarf an Illuminationen und die Möglichkeiten für fähige Illuminatoren waren groß. Eine besondere Spezialität des Künstlers waren die Stundenbücher, wobei er zeitweilig auch mit anderen großen Buchmalern wie Gerard Horenbout (1465–1541) zusammenarbeitete. Ab 1525 gilt Simon Bening als der größte Meister seiner Zunft, 1530 rühmte ihn der portugiesische Diplomat und Historiker Damião de Góis (1502–1574) als »besten Meister der Buchillustration in Europa«. Zu seinen berühmtesten Werken zählen das Gebetbuch für Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490–1545), das heute im J. Paul Getty Museum in Los Angeles zu sehen ist, das Da Costa Stundenbuch, das sich in der Pierpoint Morgan Library in New York befindet, das Henessy-Stundenbuch, das der Königlichen Bibliothek Belgiens in Brüssel gehört und die Genealogischen Tafeln der Königshäuser von Spanien und Portugal, die Eigentum der British Library in London sind.

Simon Bening zeigte in seiner kreativen und wegweisenden Malweise Einflüsse von zeitgenössischen Künstlern wie Jan van Eyck (um 1390–1441), Maria von Burgund (1457–1482), Gerard David (um 1460–1523), Martin Schongauer (um 1445/1450–1491) und Albrecht Dürer (1471–1528). Besonders eindrucksvoll gelangen ihm Landschaften, die weit über eine bloße Hintergrunddekoration hinausgingen und oft durch ihre räumliche Tiefe und Detailverliebtheit faszinierten. Seine Figuren wiederum wirkten durch ihre natürliche Gestik und ausdrucksstarke Mimik überaus lebendig und agierten in dramatischer Weise miteinander. Weil Bening seine Werke selten signierte, stellt die Zuordnung die Kunstwissenschaft mitunter vor hohe Hürden. Neben seinen berühmten Stundenbüchern und genealogischen Tafeln schuf er auch Altarbilder. Simon Bening war zweimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit Katherine Scroo gingen fünf Töchter hervor, die vom Vater in der Malerei unterrichtet wurden. Seine älteste Tochter Lavinia Teerlinc (1510–1576) brachte es zu großem Ruhm als Hofmalerin des englischen Königs Heinrich VIII. (1491–1547) und nach dessen Tod auch seiner drei Kinder Eduard VI. (1537–1553), Maria I. (1516–1558) und Elisabeth I. (1533–1603). Ihre jüngere Schwester Alexandrine Claeiszuene betätigte sich mit Erfolg als Kunsthändlerin. Die zweite Ehe mit Jane Tancre blieb kinderlos.

Simon Bening starb im Jahr 1561 in Brügge. Nach seinem Tod gerieten er und sein Werk zeitweilig in Vergessenheit, wurden aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts allmählich wiederentdeckt.