Carlfriedrich Claus interessierte sich früh für Sprachen
Carlfriedrich Claus wurde am 4. August 1930 in Annaberg im Erzgebirge geboren. Er wuchs in einem kunstinteressierten Elternhaus auf; der Vater, ein Schreibwarenhändler, vertrieb auch Kunstbücher, starb aber bereits 1944. Dieser frühe Verlust veranlasste Carlfriedrich Claus, sich schon in jungen Jahren mit der von Rudolf Steiner (1861–1925) gelehrten Anthroposophie auseinanderzusetzen. Daneben galten seine eigenwilligen Interessen vor allem besonderen Sprachen wie Armenisch, Chinesisch, Russisch und Hebräisch. Letzteres lernte er aus Solidarität mit seinen jüdischen Freunden, die unter dem nationalsozialistischen Regime erheblichen Repressalien ausgesetzt waren. Er studierte die mystischen Traditionen des Judentums, namentlich die Kabbala, las neben Steiner auch Autoren wie Ernst Bloch (1885–1977), Jakob Böhme (1575–1624), Novalis (1772–1801), Paracelsus (1493/94–1541) und Baruch de Spinoza (1632–1677). Durch seine Eltern hatte Carlfriedrich Claus auch die Kunst kennengelernt, die den Nationalsozialisten als »entartet« galt: Werke von Paul Klee (1879–1940), Wassily Kandinsky (1866–1944), Fernand Léger (1881–1955) und Pablo Picasso (1881–1973).
Gedanken wurden zu Worten, Worte zu Linien und Bildern
Carlfriedrich Claus betrachtete sich selbst nicht als bildender Künstler, sondern verstand sich als Literat. Das Wort war eine bestimmende Größe seines künstlerischen Schaffens, Wörter wurden auf Pergament und Glastafeln zu Linien und Formen, zu lesbaren Grafiken, deren Inhalt sich vor allem aus den mystischen Lehren der Kabbala und den kommunistischen Thesen des Marxismus speiste. Oft ließen sich die winzigen Schriftzüge nur mit der Lupe entziffern, aber der Künstler wehrte sich gegen jede vergrößerte Ausstellung, weil er sein Publikum zu einer intensiven Auseinandersetzung mit seiner Kunst bewegen wollte – das Anfassen und Wenden der Blätter eingeschlossen. In der DDR fand er mit seinen Arbeiten zunächst keinen Platz, Ausstellungen waren selten und nur in privatem Umfeld möglich, an Reisen ins Ausland nicht zu denken. Der deutsche konkrete Poet Franz Mon (1926–2022) organisierte für Claus in dessen Abwesenheit Ausstellungen im Westen. Obwohl Carlfriedrich Claus den Kommunismus befürwortete, konnte er mit dessen Ausprägung in der sozialistischen Diktatur nur wenig anfangen, seine Stasi-Akte wollte er später nie einsehen.
Preise für ein einzigartiges künstlerisches Vermächtnis
Carlfriedrich Claus schuf Sprachblätter und Zeichnungen, besprach aber auch Spulentonbänder und mehrere hundert Tonbandkassetten, um mit Klang und Vibration zu experimentieren. Seine mystische Literatur ist einzigartig und entzieht sich jeder Kategorisierung. Mit seiner Kunst strebte er nach einer kommunistisch geprägten Utopie, gerade zum Ende seines Lebens hin beschäftigte er sich zunehmend mit esoterischem Gedankengut. Wichtige Kontakte pflegte er neben Franz Mon zu Raoul Hausmann (1886–1971), Michel Leiris (1901–1990) und Albert Wigand (1890–1978). Für seine virtuelle Poesie erhielt Carlfriedrich Claus Preise und Auszeichnungen, darunter 1989 den Max-Pechstein-Preis der Stadt Zwickau, 1993 den von HAP Grieshaber und Rolf Szymanski begründeten Jerg-Ratgeb-Preis und 1998 den Gerhard-Altenbourg-Preis.
Carlfriedrich Claus starb am 22. Mai 1998 in Chemnitz.
Carlfriedrich Claus - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: