Françoise Gilot wagte es, im übermächtigen Schatten ihres Geliebten Picasso eigene Kunst zu schaffen; sie war die einzige Frau, die ihn verließ – und die ihn überlebte. Der spanische Meister nahm der französischen Künstlerin, die nicht nur seine Muse sein wollte, diesen Frevel übel und sorgte für einen Boykott. Erst Jahre nach seinem Tod kam es zur Entdeckung einer großen Malerin.
(...) WeiterlesenFrançoise Gilot - Die Großmutter unterstützte Gilots Traum von der Kunst
Françoise Gilot wurde am 26. November 1921 in Neuilly-sur-Seine geboren. Das künstlerische Talent erbte sie von ihrer Mutter Madeleine Renoult, die als begabte Aquarellmalerin galt; der Vater Emile Gilot, ein vermögender Geschäftsmann, strebte für seine Tochter jedoch eine Karriere als Juristin an. Françoise Gilot widersetzte sich der väterlichen Autorität und entschied sich für eine Laufbahn als Malerin; bei ihrer Großmutter Anne Renoult in Paris richtete sie sich 1938 ihr erstes Atelier ein. Im Mai 1943, noch während der Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten, organisierte sie mit Erfolg ihre erste Ausstellung, bei der sie den spanischen Maler Pablo Picasso kennenlernte. Der 40 Jahre ältere Künstler lebte zu diesem Zeitpunkt bereits von seiner ersten Ehefrau Olga Chochlowa getrennt und verließ auch seine Geliebte Dora Maar für Françoise Gilot. Das Paar hatte zwei Kinder, den Fotografen und Filmemacher Claude Picasso-Ruiz und die Modedesignerin Paloma Picasso.
An Picassos Zorn wäre Gilots Karriere beinahe zerbrochen
Françoise Gilot wurde in der Öffentlichkeit zu dieser Zeit vor allem als Muße Picassos wahrgenommen, aber sie gab ihre eigenen künstlerischen Ambitionen nie auf. Picasso stand diesem Streben ablehnend gegenüber, und als Françoise Gilot nach dem Tod ihrer Großmutter 1953 auch die Beziehung zu Pablo Picasso beendete und mit ihren Kindern nach Paris zurückkehrte, kam es zum Eklat. Der tief gekränkte Meister erklärte: Keine Frau verlasse einen Mann wie ihn; es sei ihre Pflicht, bei ihm zu bleiben und ihr persönliches Glück dem Glück der Familie unterzuordnen. Gilot blieb nicht und musste erkennen, dass der Arm ihres früheren Geliebten weit reichte: Es war ihr zunächst unmöglich, für ihre eigenen Bilder Käufer oder Ausstellungsmöglichkeiten zu finden, weil der wutschnaubende Spanier jedem Galeristen die Zusammenarbeit mit Gilot untersagt hatte. Grund für diese Vehemenz war auch das Buch Leben mit Picasso gewesen, in dem Gilot mit Unterstützung des Journalisten Carlton Lake schonungslos über ihre zerstörerische Beziehung zu dem spanischen Malergenie ausgepackt hatte. In drei Instanzen hatte Picasso vergeblich versucht, die Veröffentlichung des Werks zu verhindern – im Anschluss blieb ihm nur noch, den Kontakt zu Gilot und den gemeinsamen Kindern vollkommen abzubrechen.
In den USA fand Gilot ein großes Publikum für ihre Bilder
Françoise Gilot schaffte es mit großer innerer Stärke, gegen alle Widerstände aus dem Schatten Picassos hervorzutreten und sich für ihr künstlerisches Werk ein wachsendes Publikum zu erschließen – vor allem in den USA, wo Picassos Einfluss weniger galt als in Europa. Sie malte überwiegend figürlich, unternahm aber auch Versuche in der Abstraktion. Ein Schwerpunkt lag auf der Ölmalerei, daneben beschäftigte sie sich mit Druckgrafik. Mit den Jahren löste sie sich zunehmend von Form und Farbe und bemühte sich um eine Erweiterung der Wahrnehmung. In dem amerikanischen Arzt Jonas Salk, dem Entdecker des Polioimpfstoffs gegen Kinderlähmung, fand sie bis zu dessen Tod 1995 ein verlässliches privates Glück. Für ihr Werk erhielt Françoise Gilot Preise und Auszeichnungen, darunter den Ordre des Arts et Lettres, die Mitgliedschaft der französischen Ehrenlegion und der Ordre national du Mérite. Obwohl ein Altersleiden ihre Sehfähigkeit stark einschränkte, gab sie das Malen nie auf: Sie sei nun einmal noch am Leben, also könne sie auch weitermalen.
Françoise Gilot feierte am 26. November 2021 ihren 100. Geburtstag.
Françoise Gilot - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: