Karl Hartung wagte den künstlerischen Widerstand gegen die Doktrin der Nationalsozialisten und entwickelte sich im Untergrund zu einem der bedeutendsten Bildhauer der Moderne, als der er nach dem Krieg der abstrakten Kunst den Weg in das staunende Nachkriegsdeutschland ebnete.
(...) WeiterlesenKarl Hartung - Bildhauerstudium in Hamburg, Paris und Florenz
Karl Hartung wurde am 2. Mai 1908 in Hamburg geboren. Der Sohn eines Tischlers absolvierte zunächst ab 1923 eine zweijährige Ausbildung zum Holzbildhauer, während der er den Wunsch fasste, an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg zu studieren. Zu seinen Lehrern gehörte unter anderem der Schweizer Bildhauer Johann Michael Bossard, der 1907 als Professor für Plastik an die damalige Kunstgewerbeschule berufen worden war. Ein Stipendium ermöglichte Karl Hartung 1929 die Reise nach Paris, wo er sich umfassend mit dem Werk von Antoine Bourdelle, Charles Despiau, Auguste Rodin und vor allem Aristide Maillol auseinandersetzte. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ilse Quast unternahm Karl Hartung 1932 eine weitere Studienreise nach Florenz; dort konnte er sich über mehrere Monate hinweg mit der Kunst von Donatello befassen und die Skulpturen der Etrusker studieren. Bei der Rückkehr nach Hamburg fand sich das Paar mit der rauen Wirklichkeit der NS-Kunstzensur konfrontiert, die der abstrakten Kunst, die sich Karl Hartung mehr und mehr zu eigen machte, mit heftiger Ablehnung gegenüberstand.
Hinwendung zur Abstraktion, Durchbruch nach dem Krieg
Karl Hartung wandte sich nach seiner Rückkehr aus Florenz von der gegenständlichen Kunst ab und orientierte sich ungeachtet der ungünstigen politischen Verhältnisse zunehmend an dem abstrakten Vorbild der großen Bildhauer der Moderne: Alexander Archipenko, Hans Arp und Constantin Brâncuși übten einen erkennbaren Einfluss auf das Werk Hartungs aus. Ab Mitte der 1930er Jahre entstanden zahlreiche abstrakte Skulpturen, mit denen Karl Hartung insbesondere den ständigen Wandel alles Lebendigen zu erkunden und abzubilden suchte, darin folgte er auch der anthroposophischen Lehre von Rudolf Steiner, mit der er schon während seiner Jugend intensiv in Berührung gekommen war. Um nicht in unmittelbaren Konflikt mit der nationalsozialistischen Kunstdoktrin zu geraten, schuf der Künstler den Großteil seiner abstrakten Formen heimlich; erst 1946 konnte er seine Werke erstmals in einer Einzelausstellung präsentieren. Ein Jahr später kam seine Tochter Hanne zur Welt. Hartung erntete auf Anhieb viel Anerkennung für seine Arbeit und wurde 1950 von Karl Hofer nach Berlin an Hochschule für Bildende Künste berufen. Hier lehrte er als Professor für Bildhauerei und gehörte zu den Wegbereitern der modernen Kunst im Deutschland der Nachkriegszeit.
Einer der ersten modernen Künstler im öffentlichen Raum
Karl Hartung nahm an den ersten drei Documenta-Ausstellungen in Kassel teil und konnte mit seiner abstrakten Plastik Große Kugelform für sich in Anspruch nehmen, zu den ersten modernen Künstlern zu gehören, deren Werk im öffentlichen Raum aufgestellt wurde. Die 189 Zentimeter hohe Skulptur aus Muschelkalk war dem geteilten Deutschland gewidmet und symbolisierte die Sehnsucht nach einer zukünftigen Wiedervereinigung. Sie befindet sich heute am Friedrichswall in Hannover. 1955 wurde Hartung nach dem Tod Karl Hofers dessen Nachfolger als Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes.
Karl Hartung starb nach schwerer Krankheit am 19. Juli 1967 in Berlin.
Karl Hartung - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: