Mike Kelley war ein feinsinniger und hochbegabter Außenseiter, der die Schatten seiner Seele durch schöpferische Kraft zu bannen versuchte. Der amerikanische Installations- und Performance-Künstler suchte die Einsamkeit, fand ein Millionenpublikum und ging schließlich an seinen inneren Dämonen zugrunde.
(...) WeiterlesenMike Kelley - Schwierige Kindheit, Punkmusik und schöne Künste
Mike Kelley wurde am 27. Oktober 1954 in Wayne, Michigan geboren. Das Verhältnis zu seinen Eltern war schwierig: Von der Mutter fühlte er sich kontrolliert, vom Vater abgelehnt. Misstrauen und Protest gegenüber Autoritäten begleitete ihn darum schon früh und prägte sein künstlerisches Schaffen. 1976 erwarb er seinen Bachelor of Fine Arts an der University of Michigan in Ann Arbor, 1978 kam der Master of Fine Arts am California Institute of the Arts in Valencia hinzu. Unterricht erhielt Mike Kelley unter anderem von der Performance-Künstlerin Laurie Anderson und dem Konzeptkünstler John Baldessari. Neben den bildenden Künsten war es vor allem die Musik, die Mike Kelley faszinierte: 1977 gründete er gemeinsam mit seinem Künstlerkollegen Tony Oursler die Punk-Band The Poetics, die bis 1983 Bestand hatte. Seinen Durchbruch verdankte Kelley aber den Rauminstallationen, die er aus Häkeldecken, Plüschtieren und Puppen zusammenbastelte. Die Bestandteile für seine Kunstobjekte fand er auf Flohmärkten, die Inspiration in den dunklen Abgründen seiner Seele.
Die Sehnsucht nach Supermans Flug in die Einsamkeit
Mike Kelley irritierte und faszinierte mit seinen Stoffpuppen ein wachsendes Publikum, was gar nicht in seiner Absicht gelegen hatte. Eigentlich suchte er mit seiner Existenz als Künstler Isolation und Einsamkeit. So entwarf er ab 1999 seine Kandor-Objekte, leuchtend bunte Stadtmodelle in Neonfarben, die der fiktiven Metropole Kandor, Hauptstadt von Krypton, der Heimat des Comic-Helden Superman, nachempfunden sind. Kenner der Materie wissen, dass Superman selbst ein solches Modell besitzt – in seiner Festung der Einsamkeit. Eine solche Fortress of Solitude gedachte sich auch Mike Kelley mit seiner Kunst zu errichten, doch gewann er, anders als gewünscht, durch seine Arbeit immer größere Popularität. Die Stadtmodelle unterscheiden sich von Kelleys üblicher grotesker Bildersprache: Sie wirken geradezu klinisch rein, von jedweder Kontamination befreit und spiegeln die Sehnsucht des Künstlers nach einem von allem Schmutz befreiten Dasein, vielleicht ein Erbe seiner streng katholischen Erziehung.
Die Angst vor den Erinnerungen an die Vergangenheit
Mike Kelley konnte die Erfahrungen seiner Kindheit ein Leben lang nicht abschütteln. Für sein Kunstprojekt Mobile Homestead wollte er gar sein gesamtes Elternhaus rekonstruieren lassen, um es als Museum und Begegnungsstätte zu nutzen. Das Projekt wurde nicht mehr verwirklicht, aber schon die Pläne zeigen, wie sehr der zweimalige Documenta-Teilnehmer am belastenden Erbe seiner Vergangenheit zu leiden hatte. 2007 wollte der Künstler den kollektiven Ängsten mit einem Streichelzoo auf der Skulptur.Projekte in Münster begegnen, für das er Ponys, Schafe und Ziegen in einen mit Videoschirmen bestückten Pavillon sperrte. Ungeachtet aller persönlichen seelischen Nöte erhielt Mike Kelley Preise und Auszeichnungen für seine Kunst, darunter 2003 das Guggenheim-Stipendium und 2006 der Wolfgang-Hahn-Preis.
Mike Kelley wurde am 31. Januar 2012 in seinem Haus in Los Angeles, Kalifornien tot aufgefunden. Die zuständigen Behörden gehen von einer Selbsttötung aus. Wer sich mit dem Teufel einlasse, verändere nicht den Teufel, sondern sich selbst, hatte der Künstler einmal gesagt.
Mike Kelley - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: