Josef Koudelka

Josef Koudelka - Frühe Motive: Theater, Roma und russischer Einmarsch in Prag

Josef Koudelka wurde am 10. Januar 1938 in Boskovice in der Tschechoslowakei geboren. Seine ersten Fotografien machte er in Prag als junger Student an der Technischen Universität in den späten 1950er-Jahren. Trotz seiner aufkeimenden Leidenschaft für die Fotokunst begann er zunächst eine berufliche Laufbahn als Luftfahrtingenieur. In seiner Freizeit aber griff er zur Kamera, fotografierte Prager Theaterproduktionen und dokumentierte das Leben der Roma in der Tschechoslowakei. Als im Jahr 1968 die russischen Panzertruppen Prag besetzten und dem Prager Frühling gewaltsam ein Ende setzten, drückte Josef Koudelka ebenfalls auf den Auslöser. Seine aufsehenerregende Bildreportage wurde im Folgejahr vom amerikanischen Overseas Press Club mit der Robert Capa Gold Medal geehrt; aufgrund der prekären politischen Situation und um seine Familie zu schützen, wurde er als Urheber allerdings nicht namentlich erwähnt. Erst sechzehn Jahre später, nachdem sein Vater gestorben war, konnte sich Josef Koudelka offiziell zu den wichtigen Fotografien bekennen. Da galt er bereits als verfemter Staatenloser, denn er hatte 1970 in England Asyl beantragt und sich den Auseinandersetzungen in seiner Heimat entzogen.

Einfühlsame Fotografien von Grenzgängern und Verlorenen

Josef Koudelka arbeitete in London für die renommierte Fotoagentur Magnum und wandte sich wieder seinem früheren Interessengebiet, den Roma zu, deren Leben in Westeuropa er zum Gegenstand mehrerer Fotoserien machte. Er, der selbst ein Vertriebener ohne Heimat war, fühlte sich von den umherziehenden Nomaden auf eine tiefe, unbestimmt-verwandte Weise angezogen. Einen Teil dieser Arbeiteten veröffentlichte Josef Koudelka 1975 in seinem Buch Gypsies. Es war das erste von über einem Dutzend erfolgreicher Fotobücher, die der Künstler im Lauf der nächsten Jahre veröffentlichte. Die Verlorenheit, die Josef Koudelka selbst in seinem Leben erfuhr, spiegelte sich in nahezu allen seinen Bildern wider. Die Menschen, die er zeigt, sind niemals bestimmt und nahbar, sondern dem Betrachter immer entzogen, selbst wenn ihnen die Kamera des Fotografen ganz nahe kommt. Das liegt auch daran, dass Koudelka ein Grenzgänger ist, der seine Motive dort abholt, wo die Normalität längst aufgehört hat, ihnen aber stets mit viel Respekt begegnet.

Ein unprätentiöser, vielfach ausgezeichneter Künstler

Josef Koudelka, der Chronist ernster Themen, bewies immer wieder einen subtilen Sinn für Humor. Dieser blitzt mitunter in seinen Bildern auf, denen in Einzelheiten oft eine versteckte Heiterkeit eignet. Aber auch im Umgang mit seinen Verehrern zeigt sich der Künstler unprätentiös: Kauf dir ein paar gute Schuhe, war sein trockener Rat an einen Nachwuchsfotografen, der sich ein paar gute Tipps für seine eigene Karriere erhoffte. Koudelka selbst hat diese Schuhe gebraucht, wenn er mit festem Tritt und gezückter Kamera entlegene Gebiete erschloss. Für seine Fotokunst erhielt Josef Koudelka Preise und Auszeichnungen wie den Prix Nadar (1978), den Grand Prix Cartier-Bresson (1991) und den Hasselblad Foundation International Award für Fotografie (1992). In Deutschland erhielt er 2015 den Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie. Seit 1980 hat der Künstler die französische Staatsbürgerschaft inne; ab den 1990er-Jahren fand er auch in seiner ursprünglichen Heimat, der Tschechoslowakei, endlich die wohlverdiente Anerkennung.