Le Corbusier (Charles-Édouard Jeanneret)

Le Corbusier - Auf Umwegen zur Architektur, erste Innovationen

Le Corbusier wurde am 6. Oktober 1887 als Charles-Édouard Jeanneret-Gris in La Chaux-de-Fonds in der Schweiz geboren. Der Vater besaß eine Werkstatt, in der er Uhrengehäuse entwarf; die Mutter verdingte sich als Musiklehrerin. An der Kunsthochschule seines Heimatortes durchlief Le Corbusier eine Ausbildung zum Goldschmied und Graveur, ehe er sich unter dem Einfluss seines Lehrers Charles L'Éplattenier der Malerei und der Architektur zuwandte. Zwischen 1907 bis 1911 unternahm er einige umfassende Studienreisen, zeitweilig gemeinsam mit dem befreundeten Kunsthistoriker Arnold Klipstein, und besuchte die führenden Architekturbüros der großen europäischen Metropolen. Ein erster Meilenstein gelang ihm 1914 mit der Entwicklung seines Eisenbeton-Skelettsystems Dom-ino, das einen stabilen Bau mehrgeschossiger Gebäude bei gleichzeitigem Verzicht auf tragende Wände ermöglichte. Nachdem er für den ansässigen Uhrenfabrikanten Auguste Schwob eine Villa entworfen hatte, die bereits zahlreiche Merkmale seines später charakteristischen Stils beinhaltete, übersiedelte Le Corbusier 1917 nach Paris.

Ein neuer Name für den Künstler und neue Regeln für die Kunst

Le Corbusier wählte das Pseudonym, unter dem er weltberühmt wurde, in den frühen 1920er-Jahren im Andenken an seinen Urgroßvater – die erste Verwendung ist bezeugt in dem Magazin L'Esprit Nouveau, das er gemeinsam mit dem Dichter Paul Dermée und dem Maler Amédée Ozenfant gegründet hatte. In denselben Zeitraum fiel auch die Abfassung der berühmten fünf Regeln für die moderne Architektur, die Le Corbusier dem Großteil seines architektonischen Schaffens zugrunde legte. Seine Ideen veröffentlichte er in zahlreichen Manifesten und setzte sie außerdem praktisch um, indem er moderne, von seinen Zeitgenossen geradezu als revolutionär empfundene Gebäude errichtete. Dabei verwarf er gezielt alles Schmückende, das er als unnütz empfand, und beschränkte sich auf eine schlichte Sachlichkeit. Charakteristisch für diese Entwürfe sind die freistehenden Stützen, wie sie auch die in dieser Zeit entstandene Mustersiedlung Weißenhof in Stuttgart zeigt. Einen seiner größten Erfolge feierte der weltberühmte Architekt jedoch als Möbeldesigner: Die im Verbund mit Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret entstandene Stahlmöbel-Kollektion gilt als Meilenstein der Möbelgeschichte gehört noch heute zu den ikonischen Sammlerstücken.

Eine glänzende Weltkarriere mit dunklen Punkten

Le Corbusier bemühte sich für die Umsetzung seiner revolutionär anmutenden und oft kontrovers diskutierten Ideen um die Nähe zu diktatorischen Machthabern wie Hitler, Mussolini und Stalin. In Frankreich positionierte er sich als Anhänger des Vichy-Regimes. Die Neugestaltung ganzer Städte, die Le Corbusier vorschwebte, ließ sich in den Augen des ehrgeizigen Baumeisters am ehesten in einer totalitären Herrschaft umsetzen. Von den Projekten, die zu dieser Zeit intensiv diskutiert wurden, kam am Ende aber keines zustande – auf lange Sicht ein Glücksfall für den Architekten, der sich aufgrund seiner Sympathie für die politische Rechte nach dem Zusammenbruch der faschistischen Systeme ohnehin heftiger Kritik ausgesetzt sah. An prestigeträchtigen Aufträgen fehlte es nach dem Zweiten Weltkrieg dennoch nicht: Als Planer war der umstrittene Meister am Bau des UN-Hauptquartiers in New York beteiligt und auf ausdrücklichen Wunsch des indischen Ministerpräsidenten Nehru entwarf er mehrere Gebäude für den Regierungssitz der Region Punjab. Er entwarf außerdem den Marseiller Wohnkomplex Unité d'habitation und die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Rochamps. 17 seiner Gebäude gehören seit 2016 zum Weltkulturerbe; die Wirkung seiner theoretischen Schriften ist noch immer spürbar.

Le Corbusier starb am 27. August 1965 in Roquebrune-Cap-Martin in Frankreich.