Andrea Locatelli

Andrea Locatelli wurde am 19. Dezember 1695 als Andrea Lucatelli in Rom geboren, so jedenfalls sagt es der Künstler auf einem Selbstporträt, das er im Jahr 1723 für den römischen Kunstsammler Nicola Pio (1677–1733) zeichnete. Als Sohn des Malers Giovanni Francesco Locatelli (1660–1741) kam er schon im Kindesalter mit der bildenden Kunst in Berührung. Ein mitunter postuliertes verwandtschaftliches Verhältnis zu dem Komponisten Pietro Locatelli (1695–1764) konnte bis heute nicht belegt werden. Nach dem ersten Unterricht in der väterlichen Werkstatt erhielt Andrea Locatelli ab 1708 weitere Unterweisung bei einem Marinemaler mit Namen Monsù Alto, über dessen Identität die Forschung keine belastbaren Informationen besitzt. Im Jahr 1712 wurde Andrea Locatelli gemeinsam mit Paolo Anesi (1697–1773) Schüler von Bernardino Fergioni (1674–1738), genannt Sbirretto, der sich ebenfalls auf Meeresszenen spezialisiert hatte. 1723, im Alter von 28 Jahren, galt der junge Maler bereits als Meister, wie der Kunstsammler Pio bezeugt.

Andrea Locatelli orientierte sich an Vorbildern wie Jan Frans van Bloemen (1662–1749), Gaspard Dughet (1615–1675), Giovanni Ghisolfi (1623–1683), Claude Lorrain (1600–1682) und Salvator Rosa (1615–1673). Insbesondere Rosa hinterließ mit seinen romantischen Ansätzen deutliche Spuren im Werk Locatellis, aber auch die mythologischen und antiken Motive Lorrains finden sich in den fantastischen Ideallandschaften des Italieners wieder. Andrea Locatelli selbst wiederum beeinflusste seinen Mitschüler Anesi, aber auch Paolo Monaldi (1710–1779), Giovanni Paolo Panini (1691–1765), Marco Ricci (1676–1730) und besonders Claude Joseph Vernet (1714–1789). Seine ausgezeichnete Reputation führte dazu, dass er zeit seines Lebens vorwiegend für die Spitzen der Gesellschaft tätig war: für den hohen Klerus und den europäischen Adel. Trotz seiner Beliebtheit galt er als Vertreter eines weniger angesehenen Genres, weil er keine sakralen, historischen oder mythologischen Themen behandelte, sondern mit dieser für seine Zeit wichtigen Tradition brach. Vor diesem Hintergrund verweigerte man ihm auch die begehrte Aufnahme in die Accademia San Luca.

Andrea Locatelli begegnete dem immensen Interesse an seinen Werken durch eine umfangreiche Reproduktion bestehender Bilder. Sein Geschick für Landschafts- und Pferdedarstellungen führte dazu, dass er sich oft genug auf diese Elemente beschränkte und die Figuren in seinen Bildern von Spezialisten eingefügt wurden. Charakteristisch für viele der Landschaftsdarstellungen von Andrea Locatelli ist das Gefühl bedrückender, melancholischer Einsamkeit, obwohl die Szenerie von Figuren bevölkert wird. Große Energie verwandte Locatelli auf die Darstellung von Nutztieren, wobei gerade Pferde ein immer wichtiger werdendes Element wurden. Aufgrund seines ausschweifenden Lebensstils war der Künstler trotz seines großen kommerziellen Erfolgs am Ende seines Lebens stark verschuldet.

 

Andrea Locatelli starb am 19. Februar 1741 in seiner Geburts- und Heimatstadt Rom.