Ruth Harriett Louise

Ruth Harriet Louise wollte eigentlich Malerin werden

Ruth Harriet Louise wurde am 13. Januar 1903 als Ruth Harriet Goldstein in New York geboren. Die Mutter stammte aus Wien, der Vater aus London. Ihre Kindheit verbrachte sie in der Kleinstadt New Brunswick in New Jersey, wo der Vater seit 1915 als Rabbiner eine jüdische Gemeinde leitete. Ruth Harriet Louise kam durch das Gemeindeleben mit vielfältigen kulturellen Aktivitäten in Berührung. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr wollte sie Malerin werden, erkannte aber immer mehr, dass ihr die dazu nötige Ausdruckskraft fehlte. Nachdem sie von dem berühmten New Yorker Fotografen Nickolas Muray porträtiert worden war, keimte in ihr der Wunsch, selbst Fotografin zu werden. Sie ging bei Muray in die Lehre, eröffnete im Herbst 1922 ihr erstes eigenes Atelier in einem Musikgeschäft und änderte ihren Namen in Ruth Harriet Louise. Ihre ersten fotografischen Arbeiten zeigten großenteils Familienmitglieder und Angehörige der Synagogengemeinde ihres Vaters.

Porträtistin in einem der größten Hollywood-Studios

Ruth Harriet Louise empfand ihre Arbeit im provinziellen New Brunswick als wenig befriedigend und folgte im März 1925 ihrem Bruder Mark Rex Goldstein nach Hollywood, wo dieser unter dem Namen Mark Sandrich als Regisseur Karriere machte. Auch ihre Cousine Carmel Myers war als Schauspielerin erfolgreich, so dass der kühne Schritt nach Hollywood in den Augen der Künstlerin nur folgerichtig schien. Porträts ihrer Cousine, die eine Rolle in der spektakulären Stummfilmproduktion Ben Hur von Fred Niblo bekommen hatte, zogen die Aufmerksamkeit des zuständigen Produzenten Louis B. Meyer auf sich. Der Gründer und Manager der zu dieser Zeit äußerst einflussreichen Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) engagierte die gerade einmal 22-jährige Fotografin als Porträtistin. In ihrem Atelier, das sich in der Dachetage eines der höchsten Studiogebäude befand, gaben sich die Stars der MGM die Klinke in die Hand: Buster Keaton, Joan Crawford, Lon Chaney, Greta Garbo und andere ließen sich von Ruth Harriet Louise zu Grammophon, Gebäck und Tee in oft intimen Posen ablichten.

Der Kommerz schlägt den künstlerischen Anspruch

Ruth Harriet Louise heiratete 1927 den Regisseur und Drehbuchautor Leigh Jason, mit dessen Freund und Kollegen William Wyler als Trauzeuge. 1930 lief ihr Vertrag mit der MGM aus; ihr Nachfolger George Hurrell pflegte einen glamouröseren Stil, der den Vermarktungsinteressen der Studios mehr entsprach. Ruth Harriet Louise selbst hatte einen künstlerischen Ansatz verfolgt, avantgardistische Elemente aus Kubismus, Futurismus und dem deutschen Expressionismus übernommen und größten Wert auf Kulisse und Komposition gelegt. Trotz ihrer Zurückstufung fotografierte Louise noch bis zur Geburt ihres ersten Sohnes Leigh Jason Jr. im Jahr 1932, ihre letzte Fotosession hatte sie mit der russischen Schauspielerin Anna Sten. 1938 starb ihr Sohn Leigh Jason Jr. an Leukämie.

Ruth Harriet Louise starb am 12. Oktober 1940 in Los Angeles nach der Geburt ihres zweiten Sohns im Kindbett. Sie wurde mit ihren beiden Söhnen auf dem jüdischen Home of Peace Cemetery in Los Angeles bestattet.