Dora Maar

Dora Maar wurde am 22. November 1907 als Henriette Theodora Markovitch in Tours geboren. Die Tochter des kroatischen Architekten Joseph Markovitch (1874–1969) und der gebürtigen Französin Louise Julie Voisin (1877–1942) verbrachte ihre Kindheit zunächst in Paris und dann in Buenos Aires, wo ihr Vater für die österreichisch-ungarische Botschaft in Argentinien arbeitete. 1926 kehrte sie nach Paris zurück und studierte Malerei und Fotografie an der Union centrale des arts décoratifs, der École de photographie und der Académie Julian. Zudem arbeitete sie im Atelier des Kubisten André Lhote (1885–1962). Eine ihrer Kommilitoninnen war Jacqueline Lamba (1910–1993), die spätere zweite Ehefrau des Surrealisten André Breton (1896–1966). Zu dieser Zeit änderte sie ihren Namen in Dora Maar. Anfang der 1930er Jahre widmete sie sich hauptsächlich der Fotografie und arbeitete als Assistentin von Man Ray (1890–1976), ehe sie 1934 gemeinsam mit dem Fotografen Pierre Kéfer das Fototalier Kéfer – Dora Maar eröffnete.

Dora Maar war mit dem Philosophen Georges Bataille (1897–1962) liiert, der sie in die Kreise der Surrealisten einführte. Sie teilte sich eine Dunkelkammer mit Brassaï (1899–1984), der sie mit verschiedenen Fotografen und Fotojournalisten bekanntmachte. Sie schuf glamouröse Mode- und Werbeaufnahmen, fotografierte für Erotik-Magazine und – in scharfem Kontrast zu ihrer sonstigen Arbeit – auch gesellschaftskritische Aufnahmen von Obdachlosen und Außenseitern in Barcelona, London und Paris. Dora Maar wurde außerdem ein festes Mitglied der surrealistischen Bewegung; ihr unter dem Eindruck von Alfred Jarrys (1873–1907) Theaterstück König Ubu entstandenes Bild eines Gürteltier-Embryos wurde zu einer Ikone der surrealistischen Fotografie. Als Pablo Picasso in Man Rays Atelier ein Porträt Dora Maars (1881–1973) erblickte, war er von ihrer Schönheit fasziniert und ließ sich durch Paul Éluard (1895–1952) im Café Les Deux Magots der jungen Künstlerin vorstellen. Dora Maar wurde die berühmteste der sieben Frauen des spanischen Malers; sie dokumentierte die Arbeit in seinem Atelier fotografisch, darunter die Entstehung des legendären Bildes Guernica.

Dora Maar gab für Picasso die Fotografie auf und begann zu malen. Als der egozentrische Maler sich der 21-jährigen Françoise Gilot (1921–2023) zuwandte, brach für Maar eine Welt zusammen; sie fiel in tiefe Depressionen, die sie in eine Heilanstalt brachten, wo sie fragwürdige Behandlungsmethoden wie eine Elektroschocktherapie über sich ergehen lassen musste. Nach ihrer Entlassung lebte sie zurückgezogen in einem Haus in der Provence, das Picasso ihr überlassen hatte. Auf der Suche nach Halt beschäftigte sie sich mit religiösen Themen, malte Landschaften und Stillleben. Ihren Lebensunterhalt finanzierte sie nicht zuletzt mit dem Verkauf einiger alter Bilder von Picasso. Erst spät wandte sie sich wieder der Fotografie zu, wobei sie sich allerdings auf die Arbeit mit alten Negativen beschränkte und keine neuen Bilder aufnahm. Außerdem experimentierte sie mit den von Man Ray konzipierten Lichtgrafiken, den Rayogrammen. Nach einem Sturz war sie seit 1994 an das Bett gefesselt.

 

Dora Maar starb am 16. Juli 1997 in Paris.