Spencer Tunick

Spencer Tunicks Installationen machen den Menschen zur Kunst

Spencer Tunick wurde am 1. Januar 1967 in Middletown, Orange County, New York, geboren. 1986 fotografierte er während eines Aufenthalts in London mehrere kleinere Akte an öffentlichen Plätzen, darunter eine Bushaltestelle. Nachdem er 1988 das Emerson College mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen hatte, begann er 1992 auch in New York mit seinen Aktfotografien im öffentlichen Raum, die ihn bald auf der ganzen Welt berühmt machten. 1994 fotografierte er 28 nackte Menschen vor dem Sitz der Vereinten Nationen in Midtown Manhattan, eine Aktion, die er als Wendepunkt seiner Karriere empfand: In diesem Augenblick habe sich seine Arbeit von der reinen Fotografie in die Performance-Fotografie verwandelt. Seit Mitte der 1990er Jahren realisiert Spencer Tunick seine Installationen vermehrt im Ausland. Der Künstler selbst versteht seine Arbeit nicht als Aktfotografie; die von ihm drapierten nackten Modelle seien vielmehr eine Ergänzung der örtlichen Gegebenheiten und würden gleichermaßen selbst zu einer Körperlandschaft; der Mensch wird Teil des Kunstwerks, ein Umstand, den Spencer Tunick gern betont, bliebe doch sonst dem Publikum nur das passive Betrachten gegen Eintritt.

An freiwilligen Teilnehmern mangelt es Spencer Tunick nicht

Spencer Tunick interessiert sich nicht für das Individuum, sondern löst dieses im Gegenteil bewusst in der amorphen Masse auf, die er je nach Projekt unterschiedlich ordnet und orchestriert. Eine Gage gibt es für die Teilnahme an Tunicks Installationen nicht, alle Freiwilligen erhalten aber ein signiertes und limitiertes Foto der Aktion, die zusätzlich mit Videos und weiteren Fotografien dokumentiert wird. Schwierigkeiten, genügend entblößungswillige Amateure zu finden, hat der Künstler nicht: Als er für ein Projekt in England zwischen 2.500 und 3.000 Freiwillige suchte, meldeten sich 3.200 Menschen, für sein bisher größtes Projekt in Mexiko zogen sich 18.000 Menschen aus. 2012 führte Tunick seine eigene Version von Richard Wagners Ring des Nibelungen auf – mit 1.700 nackten Teilnehmern, deren Körper mit Rot oder Gold bestrichen waren.

Nacktinstallationen mit besonderen Botschaften

Spencer Tunick verbindet mit seinen Installationen, die ihn in die Nähe der italienischen Künstlerin Vanessa Beecroft rücken (die aber anders als Tunick nur mit professionellen Modellen arbeitet), immer wieder auch konkrete Anliegen. Für seine Kunstaktion im Rahmen des Dead Sea Revival Projects in der Nähe des Toten Meeres ließ er die Teilnehmer weiß anmalen, eine Anspielung auf die zur Salzsäule erstarrte Frau Lots, von der das Alte Testament berichtet. Die fahlen nackten Körper erinnern aber auch an die Leichenblässe, die man mit dem Tod assoziiert und passen so gut zum Toten Meer, dem selbst ein schleichender Tod droht, weil der Wasserspiegel immer weiter sinkt. Auf diesen Missstand will Spencer Tunick aufmerksam machen – und was könnte besser Aufmerksamkeit generieren als nackte Menschen? Allerdings ist Aufmerksamkeit nicht gleichbedeutend mit Erfolg: 2015 ließ Spencer Tunick Hunderte nackte Frauen gegen die Nominierung von Donald Trump als Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei protestieren – das Ergebnis ist bekannt.