Richard Tuttle ist für seine Kunst der kleinen Gesten bekannt. Der amerikanische Bildhauer, Zeichner und Objektkünstler steht dem Minimalismus nahe, verweigert sich aber jeder kategorischen Zuordnung und setzt mit Poesie und Ausdruckskraft ganz eigene Akzente.
(...) WeiterlesenRichard Tuttle – Konsequent auf dem Weg zur eigenen Identität
Richard Tuttle wurde am 12. Juli 1941 in Rahway, New Jersey, geboren. Von 1959 bis 1963 studierte er Kunst, Literatur und Philosophie am Trinity College in Hartford, Connecticut. Unmittelbar nach Erhalt seines Bachelors zog er nach New York, wo er ein Semester an der Cooper Union belegte und kurzzeitig für die US Air Force arbeitete, ehe er 1964 eine Assistentenstelle in der Betty Parsons Gallery bekam und dort auch ein Jahr später seine erste Einzelausstellung bespielen konnte. Zeigte das Frühwerk Richard Tuttles noch Einflüsse von Agnes Martin, Tony Smith und Ellsworth Kelly, entwickelte er bald seine eigene künstlerische Identität. Den Beginn seines künstlerischen Schaffens markierten kleine monochrome Reliefs, auf die handtellergroße Würfel aus Papier folgten, die mit sorgsam ausgeschnittenen geometrischen Mustern verziert waren. Dann entstanden geometrisch-abstrakte Holzreliefs, die Mitte der 1960er Jahre immer exzentrischere Formen annahmen und vom Künstler außerdem bemalt wurden. 1983 erregte Richard Tuttle mit einem Wandrelief aus Zweigen, Stoff, Schnüren und Draht Aufsehen, mit dem er sich auf das Diptychon Die Kreuzigung; Das Jüngste Gericht des flämischen Meisters Jan van Eyck berief.
Mit minimalistischen Mitteln Neues schaffen
Richard Tuttle entzieht sich als Künstler bewusst jeder Kategorisierung, weist mit seinem Werk aber eine deutliche Nähe zur Minimal Art auf. Der Schweizer Kurator Harald Szeemann spricht in diesem Zusammenhang von einer »postminimalistischen« Kunst. Dabei geht es dem Künstler vor allem um die Wechselbeziehung von Veränderung und Erneuerung. Mit einfachen Mitteln und verblüffenden Ideen erzielt Richard Tuttle eindrückliche Effekte: Wenn bewusst gewähltes minderwertiges Papier unter den Farbstrichen Wellen schlägt, entsteht eine gewollte Dreidimensionalität. Für seine erste öffentliche Kunstinstallation fügte Tuttle rund 140.000 Stücke aus weißem Glas und weißer Keramik zu einem großformatigen Wandgemälde zusammen. Bei der Auswahl seiner Werkstoffe legte der Künstler immer Wert auf neue, ungebrauchte Elemente ohne erkennbaren Makel, niemals bezog er sich auf Gebrauchtes oder Vergangenes. Richard Tuttle entwarf in den späten 1970er Jahren auch Textilien wie Hemden und Hosen. Sein Werk beeinflusste nachfolgende Generationen, die seine kasualistischen Ansätze aufnahmen und weiterverfolgten.
Internationaler Erfolg nach schwierigem Beginn
Richard Tuttle feierte seine ersten großen Erfolge in Europa, während er in seiner amerikanischen Heimat länger auf den Durchbruch warten musste, wobei heute insbesondere seine Arbeiten auf Papier als wegweisende Meilensteine der amerikanischen Kunstgeschichte gelten. Die anfänglichen Akzeptanzschwierigkeiten in den USA gingen so weit, dass noch 1975 die verantwortliche Kuratorin einer Ausstellung im Whitney Museum of American Art, Marcia Tucker, nach einer vernichtenden Bewertung des einflussreichen Kunstkritikers Hilton Kramer in der vielgelesenen New York Times ihren Hut nehmen musste. Das Blatt hat sich gründlich gewandelt, längst gibt es für die Kunst von Richard Tuttle Preise und Auszeichnungen, unter anderem erhielt er 1998 den internationalen Kunstpreis Aachen. 2008 wurde er zum Mitglied der American Academy of Arts and Sciences gewählt, 2012 wurde er in die National Academy of Design in New York berufen und seit 2013 gehört er der American Academy of Arts and Letters an.
Richard Tuttle lebt und arbeitet abwechselnd in New York City, Abiqulú, New Mexico und Mount Desert, Maine.
Richard Tuttle - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: