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Lot 1540 Dα

Johann Michael Wittmer - Bonifatius fällt die Donareiche

Auktion 1040 - Übersicht Köln
15.11.2014, 14:00 - Gemälde und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts
Schätzpreis: 40.000 € - 50.000 €
Ergebnis: 34.720 € (inkl. Aufgeld)

Johann Michael Wittmer

Bonifatius fällt die Donareiche

Öl auf Leinwand. 166 x 208,5 cm.
Signiert und datiert oben links: MICHAEL WITTMER F. ROMA MDCCCLXI (auf dem Schild am Baum).

Mit dem Gemälde „Bonifatius fällt die Donareiche“ kehrt ein Bild nach Köln zurück, das hier bereits im Jahr seiner Vollendung 1861 erstmals zu sehen war. Johann Michael Wittmer, der seit 1828 in Rom ansässig war, zeigte es zusammen mit zwei weiteren seiner Werke in der „Zweiten allgemeinen deutschen und historischen Kunstausstellung“, mit der am 1. Juli 1861 der Neubau des Museums Wallraf-Richartz auf dem Gelände des ehemaligen Minoritenklosters eröffnet wurde. Nach der Ausstellung dürfte es direkt an den Künstler zurückgegangen sein und verblieb bis jetzt im Besitz seiner Nachfahren in Italien, aus deren Privatsammlung es nun wieder auftaucht.
Wittmer, der über 50 Jahre seines Lebens in der Ewigen Stadt verbrachte, gehörte zum Kreis der Deutschrömer, der in Rom lebenden deutschen Künstler und Literaten des späten 18. und 19. Jahrhunderts. Gebürtig aus Oberbayern, studierte er u. a. bei Peter von Cornelius an der Münchener Akademie. 1833 begleitete er den bayerischen Kronprinzen Maximilian auf seiner Reise nach Sizilien, Griechenland, Konstantinopel und Kleinasien und heiratete im gleichen Jahr die älteste Tochter von Joseph Anton Koch, dem geistigen Zentrum der Deutschrömer. Wittmer verstand sich zeitlebens als Historienmaler, der sich historischen, mythologischen und religiösen Themen widmete. Stilistisch ist sein Werk der Kunst der Nazarener verpflichtet, zu deren späterer Generation er gehörte. Zu den Sammlern seiner Bilder zählten u. a. die Königshäuser von Bayern, Württemberg und Großbritannien.
Über Planung und Entstehung des vorliegenden Gemäldes sind wir durch die ausgezeichnete, reiches Quellenmaterial auswertende Studie von Brigitte Salmen bestens informiert. Demnach stellte der Künstler Ende der 50er Jahre erste Überlegungen zu dem Gemälde im Zusammenhang mit der geplanten Ausstattung des 1855 eröffneten Neubaus des Bayerischen Nationalmuseums in München an. Obwohl er hierzu letztlich keinen offiziellen Auftrag erhielt, arbeitete er an dem Gemälde weiter und konnte es 1861 vollenden. Eine Vorstudie in Feder, die Wittmer im Januar 1860 dem bayerischen König Maximilian II. nach München sandte, gilt heute als verschollen (vgl. Salmen a.a.O., S. 298, Nr. 274, Abb. 217).
Der als „Apostel der Deutschen“ verehrte Bonifatius war in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts einer der bedeutendsten Missionare und Kirchenreformer im Frankenreich. Er gründete zahlreiche Klöster und Bistümer, wobei er die Kirchenstrukturen konsequent auf Rom und den Papst ausrichtete. Zu den berühmtesten Ereignissen im Leben des Heiligen zählt die Fällung der so genannten "Donareiche", einer dem Gott Thor (Donar) geweihten Eiche auf dem Gebiet des heutigen Fritzlars, möglicherweise an der Stelle des später errichteten Doms. Als Bonifatius diese Eiche als Symbol des heidnischen Götzendienstes fällen ließ, befürchteten die Anwesenden die Rache der germanischen Gottheit. Diese blieb jedoch aus und Bonifatius demonstrierte damit die Überlegenheit des Christentums über alte Götter und heidnische Kulte.
Diese Szene aus dem Leben des „Apostels der Deutschen“ zeigt unser großformatiges Gemälde. Die kraftvolle Figur des Heiligen steht in bischöflichem Ornat mit erhobenen Händen und zum Himmel gerichteten Blick im Zentrum der Komposition, umgeben von zahlreichen, dichtgedrängten Figuren, bei denen es sich teils um Heiden, teils um Anhänger des Bonifatius handelt. Die bereits gefällte Donareiche ragt in perspektivischer Verkürzung in den Bildhintergrund und trägt an einem Ast einen Schild, auf dem der Künstler seine Signatur und die Bezeichnung „Roma MDCCCLXI“ angebracht hat.
In einem Brief an Ottilie von Goethe, der Schwiegertochter Goethes, vom 20.5.1861 hat Wittmer zu seinem Bild geäußert: „Ich male izt an einem großen, reichen Bilde den hl. Bonifaz vorstellend, der nach dem Sturtz der Donner Eiche dem Himmel dankt. Mit der freudigen Überraschung der Christen, und Bestürzung der Heiden. Es ist dieses eine der schönsten und Erfolgreichsten Gegenstände unserer Geschichte. Möchte mir das Glück werden im Vaterlande einen Platz für dieses Bild zu finden.“ (Brief im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar, GSA 40/XX,3,9, zit. nach Salmen a.a.O., S. 80). Bislang ist dieser Wunsch des Künstlers nicht in Erfüllung gegangen.

Provenienz

Italienische Privatsammlung (bis heute ununterbrochen im Besitz des Künstlers und seiner Nachfahren).

Literaturhinweise

Brigitte Salmen: Johann Michael Wittmer (1802-1880). Studien zu Leben und Werk, Diss. Passau 2006, Online-Publikation, S. 298, Nr. 276, Abb. 219, sowie S. 78-81.

Ausstellung

Zweite allgemeine deutsche und historische Kunstausstellung, Köln, Museum Wallraf-Richartz, 1861, Nr. 905.