Dirck van Delen - Kircheninterieur mit der Darbringung im Tempel - image-1

Lot 1075 Dα

Dirck van Delen - Kircheninterieur mit der Darbringung im Tempel

Auktion 1049 - Übersicht Köln
16.05.2015, 11:00 - Gemälde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts, Zeichnungen
Schätzpreis: 80.000 € - 100.000 €
Ergebnis: 99.200 € (inkl. Aufgeld)

Dirck van Delen

Kircheninterieur mit der Darbringung im Tempel

Öl auf Holz. 59,5 x 87,5 cm.

Dieses Interieur einer Renaissance-Kirche mit der Darbringung im Tempel stellt ein frühes Werk Dirck van Delens dar, das zwischen 1628 und 1630 entstanden ist. Lange ist ein anderer holländischer Künstler, Bartholomeus van Bassen, als Autor benannt worden, Bernard Vermet, RKD, Den Haag, hat es jedoch überzeugend Dirck van Delen zugeschrieben.

Zu sehen ist das monumentale Interieur einer Renaissance-Kirche. Eine dreiachsige Chorschranke, deren Bögen von Doppelsäulen getragen werden, und die von einer imposanten Orgel bekrönt wird, bildet den prachtvollen Mittelpunkt der Architekturdarstellung. Die Chorschranke ist leicht nach links von der Bildmitte gerückt, so dass der Fluchtpunkt im goldenen Schnitt liegt. Der Raum vor dieser Chorschranke bildet die Bühne für eine große Gruppe von Figuren, die in klassische Gewänder gehüllt sind. Zu erkennen ist eine biblische Szene, und zwar die Darbringung im Tempel (Lukas II, 22). Ein monumentaler Bogen im rechten Vordergrund, der im Schatten liegt und unter dem einige weitere Figuren stehen, dient als Repoussoir in den weiten Bildraum. Hinter der Chorschranke sind, in hellem Licht erleuchtet, die Kreuzgratgewölbe des Chores zu erkennen.

Pracht, Monumentalität, Maß und Ordnung werden in dieser gemalten Architektur Dirck van Delens bildhaft. Der Bildraum ist mustergültig konstruiert, das Bildlicht effektvoll eingesetzt, kostbare Materialien (weißer, brauner und schwarzer Marmor) sind wiedergegeben; die ganze architektonische Sprache folgt dabei dem Idiom der vielbewunderten italienischen Renaissance. Van Delen konnte auf zahlreiche Beispiele zurückgreifen, um sich dieses Idiom anzueignen - gedruckte, gemalte und gebaute Beispiele. So rekurriert der Künstler bei seinen Bildfindungen auf Drucke der Flamen Hans und Paul Vredeman de Vries, auf Gemälde Bartholomäus van Bassens, aber auch auf reale Bauten wie die Chorschranke der Kathedrale von s´Hertogenbosch (vgl. Abb. 1), die Vermet als Vorbild für die Chorschranke dieses Gemäldes benannt hat. Offensichtlich greift van Delen auf die dreiachsige Triumphbogenarchitektur Coenraed van Norenberchs der Chorschranke aus der (katholischen) Kirche zurück, die 1613 fertiggestellt wurde.

Dirck van Delen zählt zu den führenden holländischen Vertretern einer Architekturmalerei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Arnold Houbraken berichtet, van Delen sei ein Schüler von Frans Hals gewesen. Es gibt dafür keinerlei Belege, die Figurenstaffagen scheinen jedoch von Frans Hals´ Bruder Dirck beeinflusst. Das vorliegende Gemälde ist ein exemplarisches Beispiel für die Kenntnis der italienischen Renaissance-Architektur in den Niederlanden, die im Laufe der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem durch den Antwerpener Verleger Hieronymus Cock verbreitet wurde. Dirck van Delens Bilder zielten auf ein gelehrtes Publikum, das die Traktate Vitruvs und Serlios kannte und etwas mit der klassischen Säulenordnung anzufangen wusste.

Zertifikat

Walther Bernt, München, 17.11.1973 (als Bartholomäus van Bassen). - Bernard Vermet, RKD, Den Haag, März 2013 (als Dirck van Delen).

Provenienz

Privatsammlung, Wien. - Auktion Im Kinsky, Wien, 3.9.2011, Lot 39. - Europäischer Privatbesitz.

Literaturhinweise

Weltkunst, IL (1979), Nr. 21, S. 2704, m. Abb.