Lot 330 D

Dieses späte kleine Blumenaquarell bezaubert durch die malerische Dichte und Materialität der Farbe, die noch an die Technik der in den Kriegsjahren entstandenen kleinformatigen Papierarbeiten, der berühmten "Ungemalten Bilder", erinnern mag. Tatsächlich hat Nolde in anderem Medium, in seinen Ölgemälden, schon früh solche nahsichtigen, expressiven Darstellungen geschaffen, in denen Blumen und Blüten in wahrer Farbexplosion, dicht an dicht im Beet stehend, wie verwandelt erscheinen. Im Sommer des Jahres 1907, in erstem intensiveren Kontakt mit den Malern der "Brücke", entstehen in Alsen herrliche Gartenmotive. Wie im Farbrausch gruppierte und bündelte Nolde die verschiedenen Arten quasi zu Stauden im Bildformat und charakterisierte die verschiedenen Pflanzen summarisch durch ihre farbintensiven, leuchtenden und lichterfüllten Blumenköpfe. Im Kontrast dazu spielte der Umraum oder das Grün des Blattwerks und der stengelige Wuchs eine eher sekundäre, zurückgenommene, allenfalls begleitende Rolle.
Hier sind es drei bis vier Blüten in Gelb- und Orangetönen, diagonal wie in chromatischer Folge auf das Papier gesetzt. Mit den Köpfen frontal dem Betrachter zugewandt, bestimmen sie formatfüllend die Komposition. Im Hintergrund verschwimmen die flüssigen Konturen weiterer Blütenstände, in denen komplementäre Blau- und Violetttöne eine geheimnisvolle Atmosphäre erzeugen.
Tatsächlich sind offenbar unter den "Ungemalten Bildern" keine Blumenstücke bekannt, umso intensiver setzen nach 1945 die Blumenbilder und Blumenaquarelle wieder ein (vgl. Martin Urban, Emil Nolde Blumen und Tiere, Aquarelle und Zeichnungen, Köln 1979, S. 42).