Meister des Pflockschen Altars - Tod Mariae im Kreise der Apostel - image-1

Lot 2008 Dα

Meister des Pflockschen Altars - Tod Mariae im Kreise der Apostel

Auktion 1097 - Übersicht Köln
18.11.2017, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen Alter Meister, Skulpturen
Schätzpreis: 80.000 € - 100.000 €
Ergebnis: 93.000 € (inkl. Aufgeld)

Meister des Pflockschen Altars

Tod Mariae im Kreise der Apostel

Öl auf Holz (parkettiert). 158 x 116 cm.

Das großformatige, ehemals für einen Altar geschaffene Tafelbild wird in der oberen Hälfte von einer Goldgrundarbeit mit floral punzierten, symmetrischen Dekorationselementen in Form von Akanthusblattwerk, schlanken, gebogenen Zweigen, dreipassigen Blättern sowie fünfblättrigen Blüten und einer mittig angebrachten Quaste geziert. Vor dem goldenen Hintergrund, der noch ganz in der Tradition der Gotik steht, hat der Maler das Bett Mariens in die linke Bildhälfte gestellt. Ihr Kopf ist auf drei Kissen gebettet, ihr Gesicht in idealisierender Weise jugendlich wiedergegeben. Über das goldbraune, leicht gelockte Haar ist ein feiner, kaum merklicher Schleier gelegt. Am Halssaum des Kleides ist die Aufschrift „MARIA + MATE[R DEI]“ (Maria, Muttergottes) zu erkennen.
Um Maria gruppieren sich die Apostel. Der Jüngste, Johannes Evangelist, reicht eine Totenkerze, die Maria mit beiden Händen hält, während er ihr Handgelenk führt. Dahinter ist Jacobus Major dargestellt, zu erkennen an seinem Pilgerhut mit Jakobsmuschel. Mit dem Rücken zum Betrachter steht der heilige Petrus in einem Chormantel in goldfarbenem Brokatstoff, auf dessen Cappa eine Darstellung des aus dem Sarkophag auferstehenden Christus detailliert und mit Perlen, Schmucksteinen und Stickereien verziert abgebildet ist. Eine herabhängende Bisamapfel-Kugel mit langer Quaste befindet sich am Unterrand der Cappa. Über die vor ihm auf dem Bettrand liegende Bibel blickt er nachdenklich zur sterbenden Maria, während er in der rechten Hand den Weihwassersprengel emporhält. Links steht ein Apostel mit dem dazugehörigen Weihwasserkessel. Die übrigen Apostel sind in kleinen Gruppen oder zu Paaren angeordnet ins Gespräch oder Gebet vertieft.
Viele Meisterschüler Lucas Cranachs d. Ä. haben sich früher oder später aus dessen Wittenberger Werkstattbetrieb zurückgezogen und ihr Können in Eigenständigkeit, entsprechend ihrem persönlichen Stil und Duktus unter Beweis gestellt. Zu diesen Schülern zählte auch der Meister des Pflockschen Altars, der seinen Notnamen aufgrund des von ihm gemalten Pflockschen Familienaltars in St. Annen in Annaberg erhielt. Erstmals wurde dieser Notname von Friedländer und Rosenberg in deren 1932 publizierten Werkverzeichnis von Lucas Cranach d. Ä. erwähnt.
Während von Cranach heute über 1.500 Werke bekannt sind, umfasst das Werk des Pflockschen Meisters nach heutigem Kenntnisstand nur eine recht kleine überschaubare Anzahl an Gemälden und Altären. Wenngleich die wissenschaftliche Forschung zu Cranach und somit auch die zu seinen Schülern in den letzten Jahren zugenommen hat, bleibt die Händescheidung in Cranachs Werkstatt und unter seinen Schülern und Angestellten ein viel diskutiertes Thema und weitläufiges Untersuchungsfeld.
Die Forschung geht seit ein paar Jahren davon aus, dass der Meister des Pflockschen Altars um 1515 nach Annaberg zog, nachdem er zwischen 1510 und 1515 in Cranachs Wittenberger Werkstatt tätig war. Ob er dort auch in die Lehre ging, konnte bislang nicht geklärt werden.
Die Werke des Malers, die fernab der Wittenberger Werkstatt entstanden sind, zeugen von einem eigenständigen, markanten Stil, besitzen jedoch gleichsam eine deutliche Vertrautheit mit dem Oeuvre Cranachs. So auch unsere Darstellung des Marientodes. Sowohl die Nähe zu Cranachs Stil, als auch die Loslösung von Cranach-typischen Kopfformen, eine außerordentliche Klarheit der Formen und Farben sowie ein leuchtendes Kolorit und Changeanteffekte durch den Auftrag von Lasuren werden hier deutlich. Unser großformatiges Tafelbild ist eindeutig nach 1515 im Erzgebirge, wahrscheinlich sogar zwischen 1518 und 1523 entstanden, als der Pflocksche Meister bereits von der Cranach-Werkstatt losgelöst und eigenständig arbeitete.
Nach Angaben des Vorbesitzers legte erstmals Ernst Buchner am 12. Oktober 1954 ein Gutachten vor, in welchem er das Gemälde Lucas Cranach d. Ä. zuordnet und die Entstehungszeit um 1518 einschätzt. Einer der maßgeblichen Cranach-Experten, Dieter Koepplin, weist das Gemälde in seinem Aufsatz (Koepplin 1972, op. cit., S. 346) dem Meister des Pflockschen Altars zu. In einem Schreiben vom 27. März 2010 bestätigte Ingo Sandner, der zahlreiche Publikationen zu Cranach verfasste, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um eine Arbeit vom Meister des Pflockschen Altars handelt. Auch Laura Thiepold bestätigte 2013 in ihrer Masterarbeit zum Oeuvre des Pflockschen Meisters, dass es sich bei der vorliegenden Darstellung um eines seiner Werke aus der Erzgebirgszeit, nach seiner Tätigkeit in der Cranach-Werkstatt handelt (Thiepold 2013, op. cit., S.130).

Provenienz

Julius Böhler, München, um 1900. - Auktion Lamm, New York, 21.02.1923, Lot 637. - Auktion Parke Bernet, New York, 24.10.1946, Lot 54. - Auktion Neumeister, München, 29.06.1994, Lot 407. - Sammlung Georg Schäfer, Schweinfurt. - Seitdem in norddeutscher Privatsammlung.

Literaturhinweise

Max J. Friedländer/Jabob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach, Berlin, 1932, Nr. 93b. - Charles L. Kuhn: A catalogue of German Paintings in American Collections, Cambridge, 1936, Nr. 413. - Dieter Koepplin: Kunstchronik, XXV München, 1972, S. 346. - Max J. Friedländer/Jacob Rosenberg, Die Gemälde von Lucas Cranach, London, 1978, Nr. 106c. - Laura Thiepold: Der Epitaphaltar des Stifters Ambrosius Hermsdorff in der Kunigundenkirche zu Rochlitz, Masterarbeit, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 2013, S.1, 78, 130.