Tapisserie mit Chinoiserie - image-1

Lot 12 Dα

Tapisserie mit Chinoiserie

Auktion 1105 - Übersicht Berlin
21.04.2018, 11:00 - Preußen I
Schätzpreis: 22.000 € - 25.000 €
Ergebnis: 27.280 € (inkl. Aufgeld)

Tapisserie mit Chinoiserie

Wirkerei in polychromer Wolle und Seide. Vier Chinesenfiguren in einer weiten Wasserlandschaft vor einer Pagode. Eine Palme und ein bizarrer Blütenast als seitliche Repoussoirs. Im Vordergrund links ein chinoiser Felsen. Als Bordüre ein optisch dreidimensionaler Blattrahmen. Restauriert, kleine Ergänzungen, mit Leinen hinterfüttert. H 358, B 316 cm.
Berlin, Manufaktur Jean Barraban zugeschrieben, der Entwurf wohl um 1710, die Ausführung vermutlich Charles Vigne, ab 1725.

Der vermutlich aus Sedan stammende Jean Barraban (1647 - 1709) lernte sein Handwerk als Tapisseriewirker in Aubusson. Wann er mit seinem gleichnamigen Sohn (1677 - 1725) nach Berlin zog, ist bis heute nicht geklärt. In der ersten Monographie zu Berliner Tapisserien erwähnt Hans Huth, dass Jean Barraband II, der Sohn, "das alte Grottengebäude am Lustgarten, die spätere Börse" bezog. Da aber bereits 1699 die Lieferung einer Tapisserieserie belegt ist, muss vorher schon eine Manufaktur bestanden haben, über die man nichts mehr weiß.
Die hier vorgestellte Tapisserie zeigt dieselbe Bordüre wie die verschollenen Wandbehänge für Schloss Schlobitten. Horbas erwähnt in ihrem Aufsatz von 2001 den gleichfalls verlorenen Briefwechsel des preußischen Generals Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten mit dem Hoftapissier Pierre Marcier, in dem er ihn mit der Ausführung einer Serie beauftragt. Mercier musste absagen, da seine Arbeiten für den Hof vorrangig waren, empfahl aber Jean Barraban II, der die sieben, heute nur noch in Fotos überlieferten Wandbehänge anfertigte und vermutlich 1713 schon bezahlt wurde. Da diese Tapisserien erheblich gefüllter und detailreicher waren, ist davon auszugehen, dass das kleinere Exemplar hier eine spätere Wiederauflage darstellt, wohl aus den Jahren nach dem Tod Jean Barrabans 1725 und der Übernahme der Werkstatt durch den Berliner Kaufmann Charles Vigne.

Literaturhinweise

Huth, Zur Geschichte der Berliner Wirkteppiche, in Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, Bd. 56/1935, S. 80 ff.
Zum letzten Stand der Forschung über diese Manufaktur s. Horbas, Tapisserien, in: Herrliche Künste und Manufacturen, Berlin 2001, S. 108 ff.