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Lot 255 Dα

Ernest Biéler - Le Marguillier (L'Homme à la tabatière)

Auktion 1134 - Übersicht Köln
31.05.2019, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 150.000 € - 200.000 €
Ergebnis: 148.800 € (inkl. Aufgeld)

Ernest Biéler

Le Marguillier (L'Homme à la tabatière)
Um 1907

Aquarell über Bleistift auf Papier, vom Künstler auf Karton aufgezogen. Rückseitig mit einer Ölskizze (Blumen) 54,5 x 39 cm In Künstlerrahmen. Oben links schwarz signiert 'E·BIELER.'. - Farbfrisch erhalten. Mit vereinzelten unauffälligen Bereibungen sowie einem kurzen alten Randeinriss links.

Das künstlerische Schaffen von Ernest Biéler reflektiert die wichtigen künstlerischen Strömungen seiner Zeit, in ihm spiegeln sich die Ideen von Realismus, Impressionismus und Art Nouveau gleichermaßen.
Mit der Stadt einerseits, dem Land und der Schweizer Bergwelt andererseits bieten Biélers Arbeiten dem Betrachter Zugang zu ganz unterschiedlichen Motivwelten. Die Dialektik der Sujets scheint unmittelbar zurückzuverweisen auf die ganz persönliche Lebenssituation des Künstlers, die geprägt ist vom Pendeln zwischen seiner Walliser Heimat und Paris, wo er ab 1880 seine künstlerische Ausbildung erfährt. Als Sohn eines Veterinärs und einer Diplomatentochter aus polnischem Adel hatte Biéler eine bürgerliche und zugleich sehr facettenreiche Erziehung genossen und lernte das ländliche Leben genauso kennen wie den Salon. Schon die Mutter fördert die künstlerische Ausbildung des Sohns, so dass sich für ihn ein Studium an der Académie Julian und Académie Suisse in Paris folgerichtig anschließt.
In Frankreich wächst Ernest Biélers Interesse an den realistischen und idealistischen Tendenzen der Zeit - ein Interesse, das in seinen ikonischen Bildnissen der Walliser Bergbauern seine vielleicht konzentrierteste Form finden wird. Die berühmten „Types de Savièse“, typenhafte Bildnisse der Menschen seiner Wahlheimat Savièse, entstehen ab 1906. In einer technisch höchst anspruchsvollen Aquarelltechnik über Bleistift nähert sich der Künstler detailliert der Erscheinung seiner Modelle an. Wie präzise Biéler seine „Typen“ zu erfassen vermag, zeigt unser bemerkenswert gut erhaltenes Bildnis des Küsters mit der Tabakdose. In der feinen Zeichnung der Haare oder den minutiös ausgeführten Details, etwa der leicht ausgefransten Hutkrempe, scheint der Dargestellte dem Betrachter ganz unmittelbar gegenüber zu stehen und bleibt in seiner offenkundigen Typisierung doch eigentümlich distanziert.
Es ist kaum zu übersehen, dass sich der Maler in dieser bedeutenden Werkgruppe weniger mit dem Individuum oder Subjekt beschäftigt, als vielmehr einen spezifischen Menschentypus zu erforschen sucht. Historisch betrachtet geschieht diese Auseinandersetzung im Kontext einer zeitgenössischen Diskussion über das Konzept einer Nationalkunst oder dem Typischen in der Schweizer Kunst, die etwa auch das Werk und die Rezeption Ferdinand Hodlers prägte.

Zertifikat

Wir danken Ethel Mathier, Basel, für freundliche Auskünfte und wissenschaftliche Beratung. Das Werk wird von ihr in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis zu Ernest Biéler aufgenommen.

Provenienz

Edmond Röthlisberger, Neuchâtel (1907, dort erworben); Jens Scholz Kunstauktionen Köln, Auktion No. 17, 5. September 2003, Lot 27; Privatbesitz Rheinland

Ausstellung

Neuchâtel 1907 (Société des Amis des Arts), XXXIIe Exposition de la Société des Amis des Arts, Kat. Nr. 106 ("Le Marguillier") mit Abb.