C.O. Paeffgen - Ohne Titel - image-1

Lot 710 D

C.O. Paeffgen - Ohne Titel

Auktion 1135 - Übersicht Köln
01.06.2019, 14:00 - Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 20.000 € - 30.000 €

C.O. Paeffgen

Ohne Titel
1967

Acryl auf Holz, mit Offset und Kunststoffvorhang. 105 x 150 x 9 cm. Rückseitig signiert und datiert 'C.O. Paeffgen 1967'.

Der Vorhang geht auf, gibt den Blick frei auf eine Bühne im morgendlichen Dämmerlicht, die leitvolle Tragik der innerdeutschen Grenze hat ihren Auftritt. Die Szene ist gespenstisch, surreal und zugleich bitterer Ernst. Ein Wachturm mit zwei Grenzsoldaten in der Kanzel, umgeben von Mauer, Stacheldrahtzaun, Scheinwerfern und gestapelten Betonplatten. Die Szene spiegelt den Alltag der Grenzanlagen zwischen den beiden Staaten. In der Nacht auf den 13. August 1961 gibt die DDR-Führung den Befehl, die Sektorengrenze nach West-Berlin mit Drahtzäunen und Betonplatten auf den Durchgangsstraßen abzuriegeln. Am 20. September 1961 fiel die Entscheidung zum Bau einer zwei Meter hohen Mauer. Im Juni 1962 beginnt man mit der Errichtung der sogenannten Hinterlandmauer; das nachts hell ausgeleuchtete Terrain dazwischen bildet den kaum überwindbaren Todesstreifen. Offiziell dient der „antifaschistische Schutzwall“, wie die Funktionäre das Bauwerk nennen, der Abwehr äußerer Feinde. Dem diensthabenden Soldat ist schnell bewusst, dass es seine Aufgabe ist, die eigenen Bürger von der Grenze fernzuhalten. C.O. Paeffgens Ausschnitt zeigt einen Status quo, Routine breitet sich aus im Dienst an der innerdeutschen Mauer. Für den Künstler wie für die West-Berliner bedeutet die Mauer eine beschneidende Lebensform auf einer Insel inmitten der DDR: Die Bewegungsfreiheit endet an der Mauer, die Passierscheinregelung in den Osten, der Grenzverkehr in den Westen, ob mit dem Flugzeug, dem Auto oder Bahn: alles ist beschwerlich. Das scheinbare Idyll der Szene wirkt so hintergründig und beklemmend trügerisch und zugleich zynisch kommentiert in der Wahl des Maßstabs: Die Bühne mit dem halboffenen Vorhang ist verkleinert wie für ein Bühnenset im Kasperletheater.

MvL

Provenienz

Privatsammlung, Norddeutschland