Lot 235 D

Für Erich Heckel gehörten die Sommeraufenthalte am Wasser ebenso wie für die anderen Brücke-Mitglieder zur alljährlichen Gewohnheit. Die Möglichkeit, intensiv in der freien Natur zu arbeiten, sich vom Licht und dem zwanglosen Lebensgefühl inspirieren zu lassen, hatte maßgeblichen Einfluss auf seine künstlerische Entwicklung. Bis 1910 reiste Heckel mehrfach nach Dangast, im folgenden Jahr nach Prerow auf dem Darß. 1912, im Entstehungsjahr unseres Aquarells, erkundete er die Ostseeküste besonders intensiv, er hielt sich in Stralsund, auf Hiddensee und mit Ernst Ludwig Kirchner auf Fehmarn auf. Neben den Aktdarstellungen von Badenden am Strand - ein Thema, das er in mehreren Gemälden dieses Jahres umsetzte und das ihn in den Folgejahren noch intensiv beschäftigen sollte - schuf er wenige Aquarelle, die von dem klaren, hellen Licht der Sommertage am Meer erfüllt sind.
In schnellen, schwungvollen Pinselstrichen fängt der Künstler hier eine charakteristische Ansicht der Hiddenseer Steilküste ein. Die weit ausschwingenden Linien von Wassersaum und Kreidefelsen, mit leichter Bleistiftvorzeichnung vorbereitet, bilden das wesentliche kompositorische Gerüst, die rasch skizzierten Gestalten einiger Strandspaziergänger und die leicht hingetupfte Vegetation beleben die Szenerie motivisch. Den wesentlichen Part aber spielt die Farbe. Heckel konzentriert sich auf wenige frische Töne: ein leuchtendes, intensives Blau, welches er für die Darstellung von Himmel, Wasser und auch für den Strand verwendet, ein helles Ocker und Orange für die Felsen sowie das lichte Grün der Vegetation.