Bruno Goller - Ein Kreuz aus Jerusalem - image-1

Lot 187 Dα

Bruno Goller - Ein Kreuz aus Jerusalem

Auktion 1162 - Übersicht Köln
08.12.2020, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 25.000 € - 35.000 €
Ergebnis: 28.750 € (inkl. Aufgeld)

Bruno Goller

Ein Kreuz aus Jerusalem
1987

Öl auf Karton 99,8 x 74,7 cm Unter Glas gerahmt (Originalrahmung des Künstlers). Unten rechts schwarz signiert 'Bruno Goller'. Rückseitig handschriftlich mit Rotstift datiert '87', mit Bleistift beziffert '18305' sowie mit einer Angabe zur Rahmung. Auf der Kartonrückwand der Rahmung mit einer vom Künstler 1989 persönlich datierten Widmung an den Vorbesitzer sowie nochmals mit Rotstift datiert '87'. - In schöner Erhaltung. - Im Rahmenausschnitt etwas gebräunt mit schwachem Lichtrand.

Erscheint hier in Gollers spätem Oeuvre überraschend ein religiös-christologisches Thema in einem Gemälde, das wie ein Meditationsbild funktionieren könnte und das symbolhaft über sich hinausweist, so sind doch weitere subtile Bedeutungsschichten angelegt, die sich aus den bild-immanenten künstlerischen Formalien des singulären Gesamtwerkes ergeben. Im vorliegenden Werkbeispiel scheint Goller ernsthaft wie spielerisch endgültig demonstrieren zu wollen, dass seine Kunst und Bildordnung, wenn sie glückt, einer Ikone gleich, hieratisch ist. In diesem Fall hat der Künstler sich dem magischen Zeichen des Kreuzes buchstäblich anverwandelt und untergeordnet. Insbesondere der Ansatz, Buchstaben und Wörter in die Komposition so zu integrieren, dass sie zu einem tragenden formalen wie inhaltlichen Bestandteil werden und zusammen mit den bildlichen Zeichen zu lesen sind, ist bemerkenswert. Wie in einem Bilderrätsel handelt es sich nicht um erzählende Illustration, sondern um ein gedanklich wie formal abstrahiertes, offenes Prinzip, das wieder faktisch heruntergebrochen wird, wenn der Bildinhalt mit dem Bildtitel identisch bezeichnet ist. Werner Schmalenbach hat von der Bedeutung unseres „Blickwinkels“ auf das Goller'sche Oeuvre gesprochen. Ist man versucht, strukturalistische Theoreme und die Semiotik der 1980er Jahre ins Feld zu führen, so mag es doch wieder ganz anders sein. Denn Goller prägte für sich eine Redewendung: Wenn er seine Kunst behutsam den weiter gefassten Bezügen der Kunsthistoriker entziehen und sich ihrer erwehren wollte, dann fielen gesprächsweise, wie Volker Kahmen berichtete, Sätze wie „Ja, das ist schon Kubismus, aber einer aus Gummersbach“ oder „Ägypten, ja, aber in Gummersbach“, seiner Geburtsstadt. Hier nun haben wir sein Kreuz, das Kreuz, nein, Goller macht es in verbeugender Reverenz paradoxal unbestimmt wie eindeutig: „Ein- Kreuz- Aus Jerusalem“.

Zertifikat

Wir danken Ricarda Dick, Literatur- und Kunstinstitut Hombroich/Sammlung Kahmen, für freundliche Information; die Arbeit ist im Goller-Archiv registriert.

Provenienz

Geschenk des Künstlers an den Vorbesitzer, Düsseldorf (1989); seitdem in Familienbesitz

Literaturhinweise

Vgl.: Anna Klapheck, Bruno Goller (Monographien zur rheinisch-westfälischen Kunst der Gegenwart, Band 10), Recklinghausen 1958, S. 18; Werner Schmalenbach in: Ausst. Kat. Bruno Goller, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, 1969, S. 4; Volker Kahmen, Versuch einer Deutung, in: Bruno Goller, Edition Bahnhof Rolandseck, Düsseldorf 1981, S. 74, 82 sowie Anmerkung 72 S. 96; Volker Kahmen, Zu den Zeichnungen von Bruno Goller, in: Ausst. Kat. Bruno Goller, Kunst-Station Sankt Peter, Köln 1995, nicht paginierte Einführung