Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-1
Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-2
Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-3
Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-1Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-2Kleines Reiterstandbild 
Kaiser Ferdinand III. - image-3

Lot 53 Dα

Kleines Reiterstandbild Kaiser Ferdinand III.

Auktion 1182 - Übersicht Köln
15.07.2021, 11:00 - The Exceptional Bernard De Leye Collection
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 81.250 € (inkl. Aufgeld)

Kleines Reiterstandbild
Kaiser Ferdinand III.

Silber, teilweise vergoldet, in Ebenholz furnierter Sockel. Im Harnisch, mit entblößtem Kopf auf dem Pferd sitzend, in der rechten Hand das Zepter, mit links die Zügel greifend. Links hinten an einem Scharnier das bewegliche Schwert. Der Kopf abschraubbar. Das Pferd im Trab, mit fein ziseliertem Zaumzeug und geflochtenem Schwanz, mit zwei Füßen auf der Plinthe befestigt, diese wiederum mit acht Nägeln am Sockel befestigt. Ungemarkt. H 8,3 cm, mit Sockel H 13,8, B 8,3, T 12 cm, Gewicht mit Sockel 328 g.
Augsburg, zugeschrieben, um 1637.

In den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe, in der Museumslandschaft Kassel, dem Rijksmuseum in Amsterdam sowie in der Schatzkammer von Burg Eltz befinden sich vergleichbare Reiterstatuetten. Sie sind nahezu identisch: Bis auf das Kasseler Exemplar, bei dem das Pferd im Sprung dargestellt ist und das den Deckel eines Straußeneipokals schmückt, laufen alle Pferde im Trab, der Reiter trägt dieselbe Rüstung, hält die Zügel und das Zepter. Alle Pferde weisen dieselbe, fein ziselierte Mähne auf, überall sind Rüstung und Zaumzeug vergoldet, der Kopf und der Pferdekörper hingegen Silber belassen. Auch die Größen- und Gewichtsangaben variieren nur um Zentimeter. Ein weiteres Exemplar im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig weist einen in naturalistischen Farben emaillierten Tierkörper auf. Gleichfalls allen Figuren gemeinsam ist der abschraubbare Kopf. Von den erwähnten Statuetten trägt nur die hier vorgestellte den Kopf des Kaisers Ferdinand III., die anderen Stücke porträtieren seinen Vater, Kaiser Ferdinand II. (1578 - 1637). Dieser war von 1619 bis zu seinem Tod im Jahr 1637 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Sein 1608 geborener Sohn regierte als Ferdinand III. von 1637 ebenfalls bis zu seinem Tod 1657.

Als das erstaunlichste Gestaltungselement der Statuetten erscheint ihr abschraubbarer Kopf. Das Schraubgewinde ist keine spätere Zutat, sondern das Objekt wurde absichtlich so hergestellt, dass der Kopf ausgetauscht werden konnte. Daraus können wir schließen, dass die kleinen Reiterstandbilder als Symbole der Habsburger Regentschaft dienten, nicht aber dem Ruhm der individuellen Persönlichkeit.

Ein weiteres interessantes Merkmal ist das Fehlen der Marken. Nur das Kasseler Exemplar mit dem springenden Pferd trägt die Punze des Nürnberger Goldschmieds Hans I. Clauß von 1630. Von ihm sind einige außergewöhnlich prachtvolle Gefäße, Nautiluspokale, ein Straußeneipokal und ein Trinkschiff auf vier Rädern, überliefert, alle mit reichem plastischem Dekor. Er war offensichtlich auf das Gießen von Figuren spezialisiert. Seine Meisterprüfung legte er 1627 ab, also noch in der Regierungszeit Ferdinands II. Der letzte seiner publizierten Nautiluspokale wird auf 1645/ 51 datiert, was seine Tätigkeit auch für die Epoche Ferdinands III. belegt. Möglicherweise ist er derjenige, in dessen Werkstatt diese Figuren ihren Ursprung gefunden haben.

Literaturhinweise

Vgl. Pit, Catalogus van het goud- en zilverwerk in het Nederlandsch Museum voor Geschiedenis en Kunst te Amsterdam, Amsterdam 1902, S. 50, Nr. 118.
Vgl. Catalogus van goud en zilverwerken, benevens zilveren, loden en bronzen plaquetten, Rijksmuseum Amsterdam 1952, S. 55, Nr. 188.
Vgl. Schütte, Die Kostbarkeiten der Renaissance und des Barock: 'Pretiosa' und 'allerley Kunstsachen' aus den Kunst- und Raritätenkammern der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg aus dem Hause Wolfenbüttel, Braunschweig 1997, S. 35 ff, Nr. 8, S. 254.
Vgl. die Reiterstatuette von Erzherzog Leopold V., zugeschrieben an Caspar Gras, vor 1630, im KHM Wien, Inv. Kunstkammer, 968.
Zu Hans I. Clauß s. Tebbe/Timann/Eser et alii, Nürnberger Goldschmiede 1541 - 1868, Bd. I Meister-Werke-Marken, Nürnberg 2007, Nr. 123, S. 82 ff.