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Lot 4 N

Marino Marini - Composizione

Auktion 1211 - Übersicht Köln
02.12.2022, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 120.000 € - 150.000 €

Marino Marini

Composizione
1956

Bronze. Höhe 22,5 cm. Breite 42 cm. Tiefe 23,8 cm. Auf der Plinthe an der Schmalseite monogrammiert 'MM' und an der Längsseite schwer leserlich nummeriert '3/6'. Eines von 5 Exemplaren, lt. Carandente Cat. Rais. - Mit anthrazit-olivfarbener, teils hellerer Patina.

Das Schaffen des 1901 in Pistoia, Toskana, geborenen Malers und Bildhauers Marino Marini kreist um zwei zentrale Themen: die Welt von Tänzerinnen und Akrobaten sowie um Reiter mit ihren Pferden. Aus der letztgenannten, vor allem im Spätwerk wichtigen Werkgruppe kommt die 1956 entstandene Skulptur eines gestürzten Pferdes mit seinem Reiter zum Aufruf. Aufgrund wohl ihres hohen Abstraktionsgrads führt sie den Titel „Composizione“.
Um 1930 stieß Marini durch zufällige Lebensumstände auf das Pferd-und-Reiter-Motiv. Als er als Lehrer an die Scuola d’Arte di Villa Reale in Monza berufen wurde, befand sich sein erstes Atelier in unmittelbarer Nähe zu einem Pferdestall: „Ich benutzte die gute Gelegenheit“ schrieb er, „und machte fast jeden Tag Zeichnungen und Modelle von Pferden. Damals waren sie noch weit davon entfernt, etwas Subjektives und Apokalyptisches für mich zu bedeuten.“ (zit. nach Bartsch, in: Marino Marini, Ausst. Kat. Recklinghausen 2003, S. 39) Das Thema des Pferdes mit oder ohne einen Reiter ließ ihn fortan nicht mehr los. Nach den Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg begannen die Reitergruppen sich aber zu verändern; fortan entstanden geschundene oder sich aufbäumende Pferde. Um 1955 stellte sich ein erneuter Wandel ein, denn Marini zeigte nun stürzende Pferde, auf denen sich die Reiter nur noch taumelnd halten können. Im Spätwerk, in dem er diese Arbeiten als „Guarrieri“ – „Krieger“ bezeichnete, konzipierte er die Pferde meist komplett am Boden. Durch Details wie hochfahrende Gesten lässt sich der Reiter häufig nur noch erahnen. Bei der als „Composizione“ betitelten Arbeit sind der gedrehte Kopf des Pferdes und dazu gegenläufig die sich nach hinten lehnende Figur noch schemenhaft zu erkennen.
Marino hatte zwei Weltkriege miterlebt. Diese und die dauernden Konflikte zwangen ihn zur künstlerischen Auseinandersetzung. Seine Bestürzung brachte er vor allem mit schwankenden, später stürzenden Pferden anklagend zum Ausdruck: „Meine Reiterstatuen drücken die Beängstigung aus, die mir die Ereignisse meines Zeitalters verursachen. Die Unruhe meiner Pferde wächst mit jedem neuen Werk […]. Ich suche so das letzte Stadium in der Auflösung eines Mythos zu versinnbildlichen, des Mythos vom heldenhaften, siegreichen Individuum.“ (op. cit.S. 39 f.).

Werkverzeichnis

Carandente 419

Zertifikat

Mit einer Foto-Expertise von Maria Teresa Tosi, Comitato Scientifico della Fondazione Marino Marini, Pistoia, vom 13. November 2003

Provenienz

Sammlung Drs A.M. Mees, Wassenaar, Niederlande (vermutlich seit den 1950er Jahren); Privatsammlung Schweiz (seit den 1980er Jahren); Galerie Thomas, München (Galerie-Etikett unter der Standfläche); Privatsammlung Schweiz

Literaturhinweise

Vgl. Franco Russoli, Marino Marini. Pitture e Disegni, Mailand 1963, S. 163, Nr. 16; Herbert Read/Patrick Waldberg/Gualtieri di San Lazzaro, Marino Marini. Leben und Werk, Frankfurt/Berlin/Wien 1971, S. 374, Nr. 347; Carlo Pirovano, Marino Marini. Scultore, Mailand 1972, Nr. 353; Marco Meneguzzo, Marino Marini. Cavalieri, Mailand 1997, S. 230, Kat. Nr. 98 mit Abb.

Ausstellung

Vgl. Rotterdam 1962 (Boijmans van Beuningen), Nederlanders verzamelen Hedendaagse Kunst, Kat. Nr. 73; Tokyo 1978 (National Museum of Art), Marino Marini, Kat. Nr. 74, S. 118.