Edwaert Collier - Ein Vanitasstillleben - image-1

Lot 2063 Nα

Edwaert Collier - Ein Vanitasstillleben

Auktion 1231 - Übersicht Köln
18.11.2023, 11:00 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert, Teil I
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 69.300 € (inkl. Aufgeld)

Edwaert Collier

Ein Vanitasstillleben

Oil on canvas. 91 x 76 cm.
Monogrammiert und datiert unten rechts auf dem Buch: EC 1661 (EC verschränkt).

Das hochformatige Vanitasstillleben ist ein frühes Meisterwerk Edwaert Colliers. Der Künstler behandelt hier erstmals ein Thema, auf das er während seiner langen Karriere immer wieder zurückkommt. Geboren in Breda, zieht Collier nach Haarlem, wo seine Werke großen Erfolg haben. Seine in Haarlem entstandenen Kompositionen verraten den deutlichen Einfluß des führenden Stilllebenmalers der Stadt, Pieter Claesz. (1597-1660). Bevor er 1664 in die Lukasgilde aufgenommen wurde, erhielt Collier möglicherweise eine Ausbildung bei Vincent Laurensz. van der Vinne (1628-1702), dessen Werk ebenfalls von der Kunst des Pieter Claesz. geprägt ist.

Ein zentrales und immer wiederkehrendes Element in den Vanitasstillleben Colliers ist der Totenschädel. Als das Fine Arts Museums von San Francisco das vorliegende Gemälde verkaufte, war der mit einem Lorbeerkranz gekrönte Schädel noch mit einer Vase übermalt, die mit Lorbeerblättern geschmückt war. Bei der späteren Reinigung im Jahr 1985 wurde die Vase entfernt und der darunter liegende Schädel freigelegt. Er begegnet uns wieder in einem Vanitasstillleben des Künstlers aus dem Jahr 1661, das sich in der Sammlung des Sinebrychoff Kunstmuseums in Helsinki befindet. Weitere Vanitasstillleben gibt es in den Sammlungen des Rijksmuseums, Amsterdam und in den Sammlungen des Metropolitan Museum of Art, New York.

Collier greift bei vorliegender Komposition auf ein 1655 datiertes Vanitasstillleben des Pieter Claesz. zurück, das 2001 auf dem Kunstmarkt war (Sotheby’s, New York, 25. Januar 2001, Lot 159). Sein sechs Jahre später entstandenes Gemälde verwendet die Hauptelemente des Vorbilds und berücksichtigt dabei sogar Platzierung und Erscheinungsbild der Signatur wie auch des Datums. Allerdings fügt Collier neue Bildelemente hinzu: Ein grüner Seidenvorhang ersetzt die Säule, die Claesz. oben rechts einfügte. Der Inhalt des geöffneten Buches in der Bildmitte ist verändert und zeigt eine Seite aus der Amsterdamer Ausgabe von 1634 von Adriaen Cornelisz. van Haemstede’s „Historien der Vromer Martelaren“ (Geschichte der gläubigen Märtyrer). Das Titelblatt desselben Buches kommt auch in einigen Stillleben von Claesz. möglichem Lehrer van der Vinne vor. Weitere Elemente wie der Globus im Hintergrund, die Notenblätter, die Münzen und der Almanach sind dem Vorbild entnommen. Jedes dieser Bildelemente soll den Betrachter an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern: Das Stundenglas und die Taschenuhr verweisen auf den unaufhaltsamen Lauf der Zeit. Die Instrumente und die Partitur implizieren eine Verbindung zwischen der Flüchtigkeit der Musik und der Zeit selbst. In ähnlicher Weise steht der Kerzenhalter aus Steingut, auf dessen Rand eine einzelne brennende Glut ruht, für das Auslöschen des Lebens, während die Bücher und der Globus auf die Grenzen irdischen Wissens verweisen. Der umgestürzte Römer ist als eine Warnung vor Unmäßigkeit zu verstehen.

Das Datum des Werkes - 1661 - markiert den Beginn der Karriere Colliers, mit einem auf Vanitas-Stillleben konzentrierten Oeuvre. Im Zusammenhang mit dem Tod von Pieter Claesz. Ende 1660 und seinem Begräbnis am 1. Januar 1661 in Haarlem, kann das Bild aufgrund des Themas auch als Hommage des jungen Künstlers an seinen Mentor gesehen werden.

Provenienz

Sammlung Michael de Young, San Francisco, 1894. - M. H. de Young Memorial Museum ("The Young"), San Francisco. - Fine Arts Museums, San Francisco (Inv. Nr. BL84.55). - Christie's, New York, 15. Januar 1985, Lot 33. - Galerie Gismondi, Paris, 1986. - Privatsammlung, Schweiz. - Hotel de Ventes, Genf, 11. März 2015. - Christie's Online, 30. Juli 2020, Lot 16. - Privatsammlung Guernsey C.I. (Großbritannien).

Literaturhinweise

E. Buijsen, L.P. Grijp und W.J. Hoogstedter: The Hoogsteder Exhibition of Music & Painting in the Golden Age, exhibition catalogue, Antwerp and The Hague, 1994, S. 179 u. 180, Anmerkung 1 (Katalogeintrag von Fred G. Meijer). - Ann Stone: Treasures in the Basement? An analysis of Collection Utilization in Art Museums. Rand G S, 2002. - M. Brunner-Bulst: Pieter Claesz: der Hauptmeister des Haarlemer Stilleben im 17. Jahrhundert. Kritischer Oeuvrekatalog, Lingen, 2004, S. 336. - M. Tuominen: The Still Lifes of Edwaert Collier (1642-1708), Ph.D. dissertation, 2014, S. 43-44 u. 269, Abb. 95.