Heinrich Campendonk
Harlekin
Um 1925
Öl auf Holz, parkettiert. 59,5 x 50,2 cm. Gerahmt. Unbezeichnet. - Sehr farbfrisch. Spannungsrisse im Holzträger professionell restauriert und retuschiert.
Harlekine, Gaukler und Pierrots gehören seit den berühmten „Les Saltimbanques“ von Picasso zum festen Darstellungsrepertoire der Moderne. Diese Figuren faszinieren durch die Ambivalenz, mit der sie die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen auf die Spitze treiben, sie changieren zwischen visueller Opulenz und Anarchie, Humor und Dramatik.
Heinrich Campendonk besaß eine besondere Affinität zu der von ihnen verkörperten Phantasiewelt, der durchaus ein Hauch von Abgründigkeit anhaftet. Darstellungen von Harlekinen ziehen sich durch sein gesamtes Schaffen.
Auch in den 1920er Jahren ist das Thema in Gemälden und Hinterglasbildern präsent - wie auch in unserer prachtvollen Komposition. Der dunkle Hintergrund bildet im wahrsten Wortsinn eine Bühne, nicht nur für die dargestellten Personen, sondern zuvorderst für die Farben: die zarten weiß-grauen Schattierungen der figürlichen Grundformen und die intensiven Töne der Ausstattungsdetails schimmern und leuchten aus dem Dunkel heraus. 1924 und 1925 entwarf Campendonk mit großem Erfolg Bühnenbilder für das Krefelder Theater. Damit einher ging eine Veränderung in seinem bildnerischen Werk, die Formen festigen und klären sich, es wird eine stärkere Raumwirkung greifbar. Unser Werk veranschaulicht dies exemplarisch. Den Farbformen kommt ein eigenwertiger Charakter zu, die Tiefenräumlichkeit ist betont durch die farbig aufscheinenden Fliesen, welche die dominante Figur im Vordergrund mit den drei Pierrots im Hintergrund verbindet. Die gleiche, stärker reduzierte Komposition findet sich drei Jahre später seitenverkehrt in dem Hinterglasbild „Pierrot mit Guitarre“ (Firmenich 946, siehe Vgl.-Abb.) wieder - was zeigt, wie überzeugt Campendonk von dieser besonderen Bildlösung war.
Werkverzeichnis
Firmenich 927
Provenienz
Nachlass des Künstlers; bis heute im Besitz der Familie Campendonk
Ausstellung
Düsseldorf 1972 (Städtische Kunsthalle), Heinrich Campendonk, Gemälde, Aquarelle, Hinterglasbilder, Graphik, S. 32, Kat. Nr. 113 mit Abb.; Brüssel 1973 (Palais des Beaux-Arts), Heinrich Campendonk, Kat. Nr. 97 mit Abb.; Krefeld 1975 (Haus Greiffenhorst), Heinrich Campendonk, Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, Holzschnitte, Kat. Nr. 6; Kaiserslautern 1982 (Pfalzgalerie), Heinrich Campendonk 1889-1957, Kat. Nr. 27; Recklinghausen 1983 (Städtische Kunsthalle), Wer zeigt sein wahres Gesicht?, Kat. Nr. 173 mit Abb.; Krefeld/München 1989/1990 (Kaiser-Wilhelm-Museum/Städt. Galerie im Lenbachhaus), Heinrich Campendonk. Ein Maler des Blauen Reiter, Kat. Nr. 100, Farbabb. S. 126; Dauerleihgabe Museum Penzberg, Sammlung Campendonk 2016-2023