Heinrich Campendonk war das jüngste Mitglied der legendären Blauen Reiter und blieb der Nachwelt lange verborgen. Inzwischen entdecken Kunstkritik und Publikum mit wachsender Freude einen Maler mit eigener Bildsprache und Symbolik, der mit seinem Werk zwischen Expressionismus, Kubismus und Futurismus zahlreiche frische Akzente zu setzen verstand.
(...) WeiterlesenHeinrich Campendonk - Künstlerkarriere gegen den Willen der Eltern
Heinrich Campendonk wurde am 3. November 1889 in Krefeld geboren. Auf Drängen seines Vaters, eines Textilkaufmanns, begann er eine Lehre der Textilkunde, brach diese aber vorzeitig ab und wechselte auf die Kunstgewerbeschule in Krefeld, wo der niederländische Künstler Jan Thorn Prikker großen Einfluss auf seine Entwicklung nahm. Sein brennender Wunsch, Künstler zu werden, stieß bei seinen Eltern jedoch auf vehemente Ablehnung, was schließlich zu einem bleibenden Zerwürfnis führte. Für Heinrich Campendonk bedeutete dies eine prekäre finanzielle Situation, die er mit diversen Gelegenheitsarbeiten vergeblich zu lindern versuchte. Hoffnungslos überschuldet kam er im Herbst des Jahres 1911 auf Vermittlung seines Schulfreundes Helmuth Macke und dessen Vetter August Macke mit dem Blauen Reiter in Kontakt. Auf Einladung von Franz Marc reiste Heinrich Campendonk gemeinsam mit Wassily Kandinsky ins oberbayrische Sindelsdorf. Dort teilte er sich eine Zeit lang mit seinem Freund Helmuth Macke eine Wohnung samt Atelier.
Ein prägendes Jahrzehnt in Oberbayern
Rund 10 Jahre verbrachte Heinrich Campendonk in Oberbayern, es war die wohl wichtigste Phase seines Lebens. In der anregenden Umgebung der Künstlergemeinschaft konnte er nach Herzenslust experimentieren, schuf Werke in allen erdenklichen Techniken, entwickelte schließlich seine eigene Bildersprache. 1913 heiratete er seine Krefelder Jugendfreundin Adda Deichmann, mit der er einen Sohn und eine Tochter hatte. Die für Campendonk erfüllende Zeit endete mit dem Tod seiner Freunde Macke und Marc; er fühlte sich fortan in Sindelsdorf als Mensch und Künstler isoliert und zog schließlich mit seiner Familie an den Starnberger See. Dort verbrachte er in Abgeschiedenheit die Kriegsjahre und porträtierte das harte, entbehrungsreiche Leben der nahen Arbeiterstadt Prenzberg, für die er auch das Stadtwappen entwarf.
Internationaler Erfolg, nationale Verfemung
Anfang der 1920er-Jahre verließ Heinrich Campendonk mit seiner Familie Bayern, übernahm unter anderem eine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie und feierte zahlreiche Erfolge mit Ausstellungen in Europa und sogar den USA. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten brachte die Karriere Campendonks abrupt zum Erliegen, er wurde aus seiner Stellung entlassen und musste in seinem Exil in Amsterdam hilflos mitansehen, wie seine Werke als »Entartete Kunst« beschlagnahmt wurden. Während in Deutschland seine Kunst der Verfemung anheimfiel, beteiligte sich Heinrich Campendonk für die Niederlande an der Weltausstellung in Paris und zeigte Fenster mit den Arma Christi, das ihm den Grand Prix einbrachte. Nicht nur der Künstler selbst, auch seine Verehrer waren in von dem nationalsozialistischen Bann betroffen: Der 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordete jüdische Seidenhändler Richard Merländer ließ vor seiner Deportation noch Wandgemälde Heinrich Campendonks in seiner Villa übermalen; sie wurden erst 1991 wiederentdeckt und in mehrjähriger Arbeit freigelegt.
Heinrich Campendonk verschwand aus den Geschichtsbüchern
Amsterdam wurde Campendonk schließlich zur zweiten Heimat, auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er nicht nach Deutschland zurück – hauptsächlich, weil bürokratische Hürden und seine angegriffene Gesundheit dies erschwerten. Überhaupt verweigerte er sich der Öffentlichkeit und lehnte es ab, seine Werke zu präsentieren. Als wolle er den Vernichtungsbeschluss der Nationalsozialisten mit grimmigem Trotz gegenzeichnen, verfügte er testamentarisch die Versiegelung seines Werkes. Heinrich Campendonk starb am 9. Mai 1957 in Amsterdam. Sein Sohn als Nachlassverwalter hielt das künstlerische Vermächtnis des Malers lange Jahre unter Verschluss; erst gegen Ende seines eigenen Lebens ließ er sich dazu bewegen, die verbliebenen 89 Bilder an die Unternehmerfamilie Mast zu verkaufen.
Heinrich Campendonk - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: