Lot 59 D

Innerhalb der vielen klassisch gewordenen Ansichten Utrillos vom Montmartre und seiner dörflichen Atmosphäre, in der die Zeit stehengeblieben scheint, ist die vorliegende mit steil gedrängten bunten Häusern vor der Kuppel von Sacré-Coeur zweifellos eine der schönsten. Das Pariser Motiv, zur populären touristischen Ikone der Stadt geworden, strahlt in seiner Frische und dezidierten Erzählfreude wohltuend auf jedes nostalgische Gemüt, das in den winkligen alten Gassen des "Butte" nach längst vergangener Bohème sucht. Die Häuser mit ihren Schlagläden, die Wandaufschriften der Krämer, eine pittoreske Laterne und impressionistische Vegetation: in der Darstellung der kleinen Welt umhegter Nachbarschaft eilen Utrillos typische Figuren und lassen die kessen Hinterteile der Jahrhundertwende, die schon van Dongen faszinierten, wiedererstehen.
"Zum Malen verwendet er instinktiv die inhaltsreichsten Farben, jene, auf denen sich jede Veränderung sogleich sehen läßt, und die trotzdem die Frische des ersten Impulses bewahren. Die weiße Farbe nimmt bei ihm alle Tönungen an, trinkt alle Lichter, empfängt die Wasser, die Erschütterung, die Schrammen, wechselt von Warm zu Kalt, von Trocken zu Feucht, von Hell zu Dunkel, von Matt zu Glänzend, vom Gewöhnlichsten zum Feinsten. Und diese ursprüngliche, edle Farbhaltung umgibt er, nährt er mit gegerbtem Braun, unterbricht er mit säuerlichem Grün, mit heftigem Rot, die seinen Farbschöpfungen eine eigenartige Tiefe verleihen." (Pierre Courthion, zitiert nach: Maurice Utrillo V./Suzanne Valadon, Ausst. Kat. München (Haus der Kunst) 1960, S. XI).