Öl auf Malpappe 42,8 x 73,3 cm, gerahmt. Unten rechts schwarz signiert Münter sowie rückseitig oben links zusätzlich mit Bleistift signiert und datiert Gabriele Münter Winter 1908-9 sowie oben rechts betitelt Rosa Ecke. - Der Karton leicht gewölbt.
Im Arbeitsheft (1909) der Künstlerin unter der Nr. 23 als "Rosa Stillleben" [sic] verzeichnet und mit dem Zusatz versehen "Hamburg, Schwerin (Ecke Eßzimer 36 II/Samovar)"
Die vorliegende Arbeit wurde während der ersten Ausstellungstournee der "NKVM", der Neuen Künstlervereinigung München, - aus der später der "Blaue Reiter" hervorging - an den zwei Stationen Hamburg und Schwerin gezeigt.
In einzelnen parallel gesetzten Strichlagen, teils zu geschlossenen Farbflächen gefügt, teils den Karton freilassend, ist den Objekten Gestalt verliehen, sind die Formen fest umrissen. Ohne aber allzu detaillierte Schilderung erschließt sich dem Betrachter erst nach und nach das Bildgefüge und läßt ihn doch am Ende im Ungewissen über manchen Gegenstand. Die abstrahierende Faktur und die zwischen Violett-Mauve- und Pinktönen, einem satten Grün sowie hellem Blau und Gelb changierende Farbgebung verleihen dem Stilleben einen geheimnisvollen, beinahe festlichen Charakter. Dinge des täglichen Lebens sind hier zusammengestellt mit kleinfigurigem, folkloristischem Kunstgewerbe wie etwa einem sog. "Zwetschgenmanderl" und weisen in dieser Kombination anekdotisch narrative Strukturen auf.
Nach Jahren des Reisens hatten sich Gabriele Münter und Wassily Kandinsky wieder in München niedergelassen und in der Gegend um Murnau neue Malgründe für sich entdeckt.
"1908 fand ich hier in Murnau am Staffelsee in kurzer Spätsommerzeit bei höchstem Arbeitsschwung zu der mir gemäßen Weise von Malerei. Ich malte zusammen mit Jawlensky, der aus Frankreich nachimpressionistische Anregungen zu unmittelbarer Farbenwirkung und mächtig zusammengefaßter Gegenstandsgestaltung mitgebracht hatte, und mit Kandinsky, der sich langsam und folgerichtig aus sich selbst auf sein frühes, ihm lange schwer greifbares Ideal des reinen, von Naturnachahmung nicht gehemmten Ausdrucks hin entwickelte [...]. Von nun an bemühte ich mich nicht mehr um die nachrechenbare 'richtige' Form der Dinge. Und doch habe ich nie die Natur 'überwinden', zerschlagen oder gar verhöhnen wollen. Ich stellte die Welt dar, wie sie mir wesentlich schien, wie sich mich packte," schrieb Gabriele Münter. (Gabriele Münter über sich selbst, in: Das Kunstwerk, 2,7, 1948, S. 25, zit. nach: Ausst. Kat. Bietigheim-Bissingen 1999, Gabriele Münter - Eine Malerin des Blauen Reiters, S. 17)
Werkverzeichnis
Im Arbeitsheft (1909) der Künstlerin unter der Nr.
Zertifikat
Mit einer Fotoexpertise von Helmut Friedel, Gabriele Münter u. Johannes Eichner-Stiftung München, vom 6. Dezember 2002
Ausstellung
Hamburg/Schwerin 1910 (Kunstsäle Louis Bock & Sohn/Großherzogliches Museum), Neue Künstlervereinigung München