Erwin Wurm - Als freier Künstler gegen alle überkommenen Zwänge
Erwin Wurm wurde am 27. Juli 1954 in Bruck an der Mur geboren. Von 1974 bis 1977 studierte er Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Graz, im Anschluss besuchte er noch zwei Jahre die Hochschule für Darstellende Kunst in Salzburg, wo er das Fach Kunsterziehung belegte. Mit einem Studium der Gestaltungslehre an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien schloss Erwin Wurm seine Lehrzeit schließlich ab und betätigte sich seit den 1980er Jahren als freier Künstler. Von Anfang an bewegte sich der eigenwillige Österreicher in alle Richtungen, versuchte sich an Zeichnungen, Fotos, Filmen, Installationen und Plastiken, entfernte sich dabei rasch von sämtlichen traditionellen Auffassungen, was Kunst zu sein und zu bedeuten habe. Ein beliebtes Stilmittel bot sich für den Künstler von Anfang an in der Überzeichnung, von der er regen Gebrauch macht, ohne sich deshalb aber als eine Art Karikaturist und Spaßmacher zu verstehen. Humor sei nicht sein Ziel, sondern sein Werkzeug, seine Waffe, stellte Erwin Wurm einmal fest.
Erwin Wurm versteht die Gewohnheit als Feind der Kunst
Erwin Wurm begann seine Karriere mit bunt bemalten Skulpturen, die teilweise wie Accessoires aus einem Science-Fiction-Film wirkten. Auch wenn sich das Oeuvre des vielseitigen Künstlers über einen weiten Bereich erstreckt, ist die Skulptur doch immer ein Herzstück seiner Arbeit geblieben. 1997 sorgte er mit seinen One Minute Sculptures für Furore und sicherte sich damit die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit. Bei dieser Serie, die der Künstler bis heute immer wieder fortsetzt, geht es um die Begegnung von Kunstobjekt und Rezipient, deren fotografische Dokumentation wiederum selbst zum Kunstwerk wird. Mitunter sind es auch keine Kunstobjekte, sondern simple Gegenstände aus dem menschlichen Alltag, mit denen Erwin Wurm die Menschen konfrontiert. Oft stellt er für diese Begegnungen besondere Regeln auf, deren Einhaltung zu den absurdesten Verrenkungen führen können. Der Zweck hinter diesen Aktionen, bei denen es durchaus einmal darum gehen kann, den Kopf in einen Mülleimer zu stecken, geht es nicht um die Herbeiführung einer platten Slapstick-Situation, sondern um das Ausbrechen aus festgefügten Konstellationen und das Hinterfragen von standardisierten Abläufen.
Mit kreativem Unsinn alte Ketten sprengen
Erwin Wurm ist auch bekannt für seine Fat Sculptures, für die er verschiedene Statussymbole des Bürgertums wie Autos oder ganze Einfamilienhäuser zu grotesker Verformung aufbläht. Besonderes Aufsehen erregen spektakuläre Installationen wie jene am MUMOK, bei der er ein Einfamilienhaus in Originalgröße verkehrt herum auf dem Dach des Ausstellungsgebäudes präsentierte. Auch sich selbst und seinem Körper mutet Erwin Wurm einiges zu, zieht sich mehrere Schichten warmer Kleidung an oder unterzieht sich einer radikalen Diät, um die gewünschten Effekte für seine Kunstperformances zu erreichen. Bei vielen dieser Aktionen steht im Hintergrund die Frage nach der Wirkung, die der Körper und sein Zustand, sei es in Bewegung oder im Stillstand, auf andere ausübt. Die Komik, die dabei oft entsteht, hat ihre Wurzeln in den Erwartungen und Gewohnheiten des Publikums, die der Künstler mit seinem vordergründigen Unsinn durchbricht. Wurm bewegt sich damit in der Tradition von Sigmund Freud, der die Lust am Unsinn propagierte und in ihm als Ausbruch aus den strengen gesellschaftlichen Regeln eine Rückkehr zur kindlichen Freiheit erblickte.
Erwin Wurm - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: