Marina Abramović will mit ihrer Kunst »durch Mauern gehen«, scheut dafür auch vor extremen Handlungen nicht zurück und gönnt sich keine Schonung. Ihr Name ist selbst kunstfremden Menschen ein Begriff, hat sie doch die Performance im Bewusstsein der Gesellschaft verankert und in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit gestellt.
(...) WeiterlesenMarina Abramović sieht Kunst und Leben als Performance
Marina Abramović wurde am 30. November 1946 in Belgrad geboren. Krieg und Kirche prägten ihre Familie: Die Eltern kämpften als Partisanen im Zweiten Weltkrieg, der Großonkel Varnava Rosić war bis zu seinem Tod Patriarch der Serbisch-Orthodoxen Kirche. Marina Abramović selbst studierte von 1965 bis 1970 in ihrer Heimatstadt Belgrad Malerei und veröffentlichte bereits ab 1968 Zeichnungen, Texte und verschiedene konzeptuelle Arbeiten. Anfang der 1970er-Jahre erregte sie mit ihren frühen Performances Aufmerksamkeit und lehrte an der Kunstakademie in Novi Sad. 1975 beteiligte sie sich an einer Aufführung des umstrittenen österreichischen Aktionskünstlers Hermann Nitsch. Für Marina Abramović kristallisierte sich die Performance zusehends als ihre eigentliche künstlerische Berufung heraus, deren Ausübung sie in den folgenden Jahren an die äußerste Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit führte. Bei ihrer ersten Performance, Rhythm 10, stach sie sich mit Messern zwischen die Finger ihrer linken Hand und nahm dabei auch Verletzungen in Kauf – immer, wenn sie aus Versehen einen Finger traf, wechselte sie das Messer. Es sei eine Art Russisches Roulette gewesen, sagte die Künstlerin später, eine ernste und notwendige Sache, bei der es um Mut, Leichtsinn und Verzweiflung gegangen sei.
Marina Abramović und Ulay: ein zerbrechliches Band aus Kunst und Liebe
Marina Abramović verband eine tiefe Liebes- und Arbeitsbeziehung mit dem deutschen Künstler Ulay. Gemeinsam vollführten sie zahlreiche Performances, bei denen häufig die körperliche Qual im Mittelpunkt stand, die sich die beiden Künstler gegenseitig zufügten. Auf der Biennale in Venedig ließen sie 1976 im Rahmen der Aktion Relation in Space ihre nackten Körper mit emotionaler Wucht aufeinanderprallen, ein Jahr später saßen sie sich auf der Kunstmesse in Köln gegenüber und gaben sich für die Performance Light/Dark Ohrfeigen – 20 Minuten lang, den Körper als Musikinstrument nutzend. So intensiv wie die zwölfjährige Beziehung selbst fiel auch ihr Ende aus: Nachdem Ulay seine Dolmetscherin geschwängert hatte, trennte sich das Paar ausgerechnet am Tag der geplanten Hochzeit nach der Performance The Lovers – The Great Wall Walk. Zuvor waren sie sich auf der Chinesischen Mauer 2500 Kilometer lang entgegengelaufen. In der Folge kam es zu einem heftigen Streit über die Rechte an der gemeinsamen Kunst, der schließlich vor Gericht zugunsten Ulays entschieden wurde – Abramović musste ihrem früheren Partner eine Entschädigung zahlen, erst 2017 kam es zu einer Versöhnung.
Im Raum der Performance herrscht allein die Kunst
Marina Abramović überwand die Krise, in die sie die Trennung von Ulay stürzte, mit neuen Aktionen: 1997 schrubbte sie, wieder auf der Biennale von Venedig, Rinderknochen. Vier Tage lang dauerte die Performance, die sie Balkan Baroque nannte und die ihr Publikum mit beißendem Gestank faszinierte und verstörte. Die Mühe lohnte sich für die Künstlerin, die mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Marina Abramović sieht sich als Besucherin im Raum der Performance, den sie erkundet, aber nicht beherrscht – alles könne passieren, wenn man diese Zone erst einmal betreten habe, und sie selbst müsse sich der dort herrschenden Dynamik beugen. Manchmal verselbstständigt sich Marina Abramovićs Kunst auch, so 2010 während ihrer MoMA-Performance The Artist is Present, als der Besuch der Popsängerin Lady Gaga für einen Ansturm von Menschen sorgte, die sich gar nicht für die Arbeit Abramovićs interessierten, sondern nur ihr Idol sehen wollten.
Marina Abramovic - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: