Ellen Auerbach

Ellen Auerbach wurde am 20. Mai 1906 als Ellen Rosenberg in Karlsruhe geboren. Ihre Eltern waren liberale Juden und erlaubten der Tochter, die kein Interesse an einem Einstieg in das familieneigene Geschäft zeigte, ein Studium an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe. Dort widmete sie sich unter ihren Professoren Paul Speck (1896–1966) und Karl Hubbuch (1891–1979) zunächst der Bildhauerei. 1928 ging Ellen Auerbach nach Stuttgart, wo sie an der Akademie der bildenden Künste mit einer Kamera experimentierte, die sie von ihrem Onkel bekommen hatte. In der Folge wandte sie sich der Fotografie zu und begann 1929 eine Ausbildung bei Walter Peterhans (1897–1960) in Berlin. Während dieser Zeit lernte sie Grete Stern (1904–1999) kennen, mit der sie im Atelier von Peterhans, der dem Ruf ans Bauhaus in Dessau gefolgt war, ihr eigenes Fotostudio ringl + pit gründete. »Ringl« war der Spitzname von Grete Stern, »Pit« wurde Ellen Auerbach von ihren Eltern gerufen.

Ellen Auerbach und Grete Stern feierten in den 1930er Jahren achtbare Erfolge mit ihrem Studio, mit dem sie sich auf Werbe-, Mode- und Porträtfotografie spezialisierten. Trotz unterschiedlicher Stärken und Aufgaben signierten sie alle Arbeiten gemeinsam. Es war eines der ersten Fotounternehmen der Welt, das von Frauen geführt wurde, und lieferte mit seinen Bildern einen unkonventionellen Blick auf das Weibliche, was auch das Bild der Neuen Frau dieser Zeit maßgeblich prägte. Zu den Modellen der beiden Frauen zählten Liebhaber und Freunde, darunter die Tänzerin Claire Eckstein (1904–1994) und die Autorin Marieluise Fleißer (1901–1974); ein häufiger Gast war der Bühnenbildner und Marxist Walter Auerbach, mit dem Ellen eine Liebesbeziehung einging. Ellen Auerbach experimentierte auch mit einer 16-mm-Filmkamera und drehte kurze Schwarz-Weiß-Filme, darunter der sechsminütige Spielfilm Gretchen hat Ausgang, in dem Grete Stern und ihr späterer Ehemann, der argentinische Fotograf Horacio Coppola (1906–2012), die Hauptrollen übernahmen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 emigrierten Walter Auerbach und Ellen Rosenberg nach Palästina.

Ellen Auerbach eröffnete in Tel Aviv ihr Fotostudio Ishon, in dem sie hauptsächlich Kinder, vor allem Babys, fotografierte. Außerdem drehte sie im Auftrag des Jüdischen Nationalfonds eine nur noch als Fragment erhaltene Dokumentation über die spätere israelische Hauptstadt. In London heiratete sie Walter Auerbach und zog mit ihm weiter in die USA. Dort arbeitete Ellen Auerbach für verschiedene Zeitschriften wie Time und Life und gestaltete auch Plattencover für Columbia Masterworks. 1945 kam es zur Trennung von Walter Auerbach; die Künstlerin beschäftigte sich an der Menninger School of Psychiatry in Topeka, Kansas, mit filmischen und fotografischen Verhaltensstudien an Kindern und Säuglingen und lehrte als Dozentin an mehreren Fakultäten. 1956 hörte sie weitgehend mit dem Fotografieren auf und engagierte sich stattdessen in der Pädagogik und der Psychologie; von 1965 bis 1984 arbeitete sie als Therapeutin für lernbehinderte Kinder am Educational Institute for Learning und Researching in New York. 1998 stiftete sie das mit 20.000 Euro dotierte Ellen-Auerbach-Stipendium als internationalen Kunstpreis für Nachwuchsfotografen, das bis heute aus ihrem Nachlass finanziert wird.

Ellen Auerbach starb am 30. Juli 2004 in New York City.