Gerhard von Graevenitz

Gerhard von Graevenitz wurde am 19. September 1934 in Schilde im Landkreis Prignitz in der damaligen Mark Brandenburg geboren. Der Sohn eines Landrats hatte eine Zwillingsschwester und vier ältere Brüder und war vonseiten seiner Familie zunächst nicht für eine Karriere als Künstler vorgesehen. So studierte er zunächst von 1955 bis 1956 Wirtschaftswissenschaften an der Universität Frankfurt am Main, ehe er 1956 an der Akademie der Bildenden Künste München ein Kunststudium beginnen konnte, das er 1961 abschloss. Zu seinen Lehrern zählte unter anderem der deutsche Maler Ernst Geitlinger (1895–1972). Schon als Student beschäftigte sich Gerhard von Graevenitz ab 1958 mit der Reliefkunst und es entstanden auch erste Strukturbilder. Von 1959 bis 1960 gab er mit Jürgen Morschel die Zeitschrift nota heraus, die der internationalen Kunstszene und der konkreten Poesie gewidmet war und es auf vier Ausgaben brachte. Aus der Zeitschrift ging 1960/61 die Galerie Nota in München hervor, in der Einzelausstellungen von Künstlern wie Heinz Mack (*1931), Almir Mavignier (1925– 2018), François Morellet (1926–2016) und Otto Piene (1928–2014) zu sehen waren und Denker wie der Philosoph Max Bense (1910–1990) Vorträge hielten.

Gerhard von Graevenitz ging 1961 nach Paris, wo er maßgeblichen Anteil am Aufkommen und Wirken der internationalen Kunstbewegung nouvelle tendance (›Neue Tendenzen‹) hatte. Die Gruppe bestand bis 1965. Seine erste eigene Einzelausstellung bespielte Gerhard von Graevenitz 1962 in der Galerie Roepcke in Wiesbaden. In der Folge etablierte sich der deutsche Künstler als einer der Hauptvertreter der kinetischen Kunst und als ein Vordenker der konkreten Kunst, auch nahm er mit seinen frischen Ansätzen und der Entmystifizierung des schöpferischen Prozesses Ideen der später in den USA aufkommenden Minimal Art vorweg. Den größten Teil seiner Grafiken schuf der Künstler mit der Siebdrucktechnik. 1970 zog Gerhard von Graevenitz nach Amsterdam.

Gerhard von Graevenitz begann seine künstlerische Tätigkeit mit monochromen Reliefs. Mit seinen »weißen Strukturen« wollte der Künstler gleichzeitig Fläche und Material verbildlichen. Durch die Beschaffenheit der reliefartigen Strukturen wird das Licht gefangen, gebrochen und gelenkt. 1960 entstanden die ersten kinetischen Objekte, 1962 begann Gerhard von Graevenitz mit der neuartigen Computertechnik zu experimentieren, die sich für seine systematischen Rasterstrukturen als äußerst passend erwies. 1968 nahm er mit drei Arbeiten an der 4. documenta in Kassel teil, 1978 betreute er den niederländischen Pavillon auf der Biennale in Venedig, kuratierte Ausstellungen für den Kölner Kunstverein, die Hayward Gallery in London und das Kröller-Müller Museum in Otterlo.

Gerhard von Graevenitz starb am 20. August 1983 bei einem Flugzeugabsturz in der Schweiz. Er hinterließ seine Frau, die Historikerin Antje von Graevenitz (*1940) und die zwei gemeinsamen Kinder.