Hanna Nagel

Hanna Nagel – Lehre in Heidelberg, Studium in Karlsruhe und Berlin

Hanna Nagel wurde am 10. Juni 1907 als Johanna Nagel in Heidelberg geboren. Die Tochter eines Großkaufmanns wuchs mit einer leiblichen Schwester und einem adoptierten Bruder in begüterten Verhältnissen auf und besuchte eine Mädchenschule in Heidelberg. Für das Zeichnen begeisterte sich Hanna Nagel schon früh und bewies auch entsprechendes Talent, trotzdem absolvierte sie noch eine Lehre zur Buchbinderin in Heidelberg, ehe sie nach Karlsruhe ging, um dort von 1925 bis 1929 an der Badischen Landeskunstschule zu studieren. Ihre ersten Lehrer waren Wilhelm Scharrenberger und Karl Hubbuch, im Frühjahr 1927 wechselte Nagel zu Hermann Gehri, der Figürliches Zeichnen unterrichtete. Dabei zeigte sie sich so begabt, dass sie im Herbst desselben Jahres Meisterschülerin bei Walter Conz wurde. 1929 zog Nagel nach Berlin, wo sie die Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst besuchte und ihr Studium als Schülerin von Hans Meid und Emil Orlik beschloss; insbesondere Letzterer zeigte sich angetan von Hanna Nagels Kunstfertigkeit und rühmte sie als eine neue Käthe Kollwitz.

Schon früh eine unbequeme Stimme gegen Missstände

Hanna Nagel engagierte sich schon während ihrer Zeit als Studentin in Karlsruhe und Berlin gegen von ihr ausgemachte Missstände und Ungerechtigkeiten. In Karlsruhe stand sie ihrer Kommilitonin Hilde Isay (Hilde Hubbuch) bei, die ein Liebesverhältnis mit ihrem Lehrer Karl Hubbuch begonnen hatte, den sie später auch heiratete. In Berlin wurde das Verhältnis der Geschlechter Mann und Frau immer mehr zum bestimmenden Thema von Hanna Nagel. Ihre Beiträge zum Geschlechterdiskurs scheinen gerade heute zeitlos und unverändert aktuell. Obwohl sie die Ehe in ihren Zeichnungen als Gefängnis karikierte – Ehemann und Ehefrau erscheinen auf einem Bild mit einem Joch auf den Schultern –, heiratete sie 1931, kurz vor Ende ihres Studiums, den Maler und Fabrikantensohn Hans Fischer. Im selben Jahr widmete ihr der Direktor der Mannheimer Kunsthalle, Gustav F. Hartlaub, eine erste Einzelausstellung – da war die Künstlerin gerade 24 Jahre alt. Zwischen 1933 und 1936 hielt sich die Künstlerin nach dem Erhalt des Rompreises in der Villa Massimo in Rom auf.

Distanz zum Frühwerk, Illustrationen für über 100 Bücher

Hanna Nagel zeigte in ihrem veristisch geprägten zeichnerischen Frühwerk noch deutlich den Einfluss ihres Lehrers Karl Hubbuch. Erst in Berlin entfernte sie sich von der Neuen Sachlichkeit und wählte einen eher malerischen Zeichenstil, mit dem sie ihrem Sujet besser gerecht werden konnte. Die Distanz zu ihrem Frühwerk ging so weit, dass die Künstlerin die betreffenden Arbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg vollständig unter Verschluss hielt – selbst die eigene Tochter, die Malerin und Dichterin Irene Fischer-Nagel kannte die Bilder bis zum Tod der Mutter nicht. Ihren Unterhalt verdiente Nagel vor allem als Illustratorin von Büchern, darunter Werke von Daphne du Maurier sowie Die Möwe von Anton Tschechow und das Nachtasyl von Maxim Gorki. Ausstellungen von Hanna Nagel sind auch fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod eine Seltenheit, was aber nicht in erster Linie an einer fehlenden Nachfrage liegt, sondern dem Umstand geschuldet ist, dass sich der größte Teil ihres Oeuvres in privater Hand befindet. Auch vor diesem Hintergrund ist jeder Verkauf eines originalen Bildes von Hanna Nagel für Kunstbegeisterte von besonderem Interesse. Ein schriftlicher Teilnachlass befindet sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

Hanna Nagel starb am 15. März 1975 an ihrem Geburts- und Heimatort Heidelberg.