Julian Stanczak

Julian Stanczak wurde am 5. November 1928 in Borownica, Polen, geboren. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er nach Sibirien deportiert, wo er in einem Gulag unter unmenschlichen Bedingungen harte Arbeit verrichten musste. Frondienst, Mangelernährung und Schläge führten dazu, dass er seit dieser Zeit seinen rechten Arm nicht mehr nutzen konnte – für den Rechtshänder eine schwere Hypothek auf dem Weg zur Malerei. Julian Stanczak gelangte mit seiner Familie schließlich über Umwege in ein polnisches Flüchtlingslager in Uganda, wo er mühsam lernte, mit seiner linken Hand zu schreiben und zu malen. 1948 kam Stanczak nach London, studierte am Borough Polytechnic Institute Buchillustration und emigrierte 1950 in die USA. In Cleveland, Ohio, studierte er bei Josef Albers (1888–1976) und Conrad Marca-Relli (1913–2000) an der Yale University und erwarb seinen Master of Fine Arts. 1957 erhielt Julian Stanczak die amerikanische Staatsbürgerschaft und wurde an der Art Academy of Cincinatti sieben Jahre lang selbst zum Lehrer.

Julian Stanczak gewann mit seiner Teilnahme an der Ausstellung Artists of Southern Ohio im Dayton Museum of Art nicht nur seinen ersten Preis, sondern erregte auch die Aufmerksamkeit der Galeristin und Kunsthändlerin Martha Jackson (1907–1969), die ihn einlud, auch in ihrer Galerie auszustellen. Diese Einzelausstellung unter dem Namen Julian Stanczak: Optical Paintings trug maßgeblich dazu bei, eine neue Kunstströmung zu etablieren, die der Maler und Architekt Donald Judd (1928–1994) in seiner Kritik der Ausstellung mit einem Zweiwortsatz charakterisierte: Op art. Den Durchbruch für die neue Bewegung brachte ein Jahr später die vielbeachtete Ausstellung The Responsive Eye im Museum of Modern Art in New York, auf der Julian Stanczak ebenfalls vertreten war. Damit fand er sich unerwartet an der Spitze einer Stilrichtung wieder, die aus den Traditionen des Bauhauses und des russischen Konstruktivismus hervorgegangen war.

Julian Stanczak interessierte sich als Maler nach eigenen Worten vor allem für die Farbe. Die Farbe betrachtete er als die Geburtsstätte des Lichtes, als eine zugleich sehr konkret private als auch eine abstrakt universelle Erfahrung. Die Bewegung und Veränderung der Formen, Farben und des Lichts in Bildern festzuhalten, verstand er als Wesen seiner Kunst. Je länger er eine Sache betrachte, desto mehr Geheimnisse könne er enthüllen, sagte der Künstler. Dafür arbeitete er mit geometrischen Strukturen, die er oft in variierenden Wiederholungen in hellen oder gedämpften Farben zu ganzen Serien ausbaute, zum Beispiel die aus 50 großformatigen Tafeln bestehende Serie Windows to the Past. Seit 1963 war Stanczak mit der Künstlerin Barbara M. Meerpohl verheiratet, die unter dem Namen Barbara Stanczak als Bildhauerin bekannt wurde. Das Paar hatte zwei Kinder, Danusia und Christopher.

Julian Stanczak starb am 25. März 2017 in Seven Hills, Ohio, USA.