Augustin Tschinkel

Augustin Tschinkel wurde am 3. August 1905 in Prag geboren. Sein früh erwachtes Interesse an der bildenden Kunst führte ihn 1921 an die Kunstgewerbeschule seiner Heimatstadt Prag; gleich nach dem Studium, das er 1924 abschloss, betätigte er sich mit Erfolg als Illustrator, Zeichner und Grafiker. Bis zum Jahr 1939 erschienen seine Arbeiten in zahlreichen Zeitschriften und Büchern; darüber hinaus begann Augustin Tschinkel auch zu malen, wobei er in Kunstverständnis und Stil den Kölner Progressiven zuneigte, einer avantgardistischen Künstlergruppe, die sich Anfang der 1920er Jahre in Köln um den Fotografen August Sander und die Maler Heinrich Hoerle und Franz Wilhelm Seiwert konstituierte. Im Jahr 1928 übersiedelte Augustin Tschinkel schließlich selbst nach Köln, um seinen Landsmann Ladislav Sutnar bei der Arbeit für die Pressa zu unterstützen. Für diese fünf Monate dauernde internationale Presseausstellung steuerte Tschinkel Statistische Tafeln bei, die im tschechischen Pavillon zu sehen waren.

Augustin Tschinkel lernte während seines Aufenthalts in Köln seinen Malerkollegen Franz Wilhelm Seiwert kennen, den er für seine Wortbeiträge in der linksorientierten Literatur- und Politikzeitschrift Die Aktion schätzte. Die von Franz Pfemfert von 1911 bis 1932 herausgegebene Zeitschrift hatte zu dieser Zeit maßgeblichen Anteil am Durchbruch des Expressionismus in Deutschland gehabt und stellte damit auch eine wichtige Größe für die Kunstszene dar. Tschinkel schloss sich den Kölner Progressiven um Seiwert und Hoerle an und übernahm sowohl deren Technik der leicht zu vervielfältigenden Schwarz-Weiß-Bilder als auch einen bestimmten Plakattyp, der die arbeitende Klasse thematisierte – die Künstler nannten das »soziale Grafik« und Augustin Tschinkel war der einzige tschechische Vertreter dieser Richtung. 1929 ging Tschinkel mit seinem Malerkollegen Gerd Arntz, ebenfalls Mitglied der Kölner Progressiven, nach Wien, um dort für das Österreichische Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum zu arbeiten.

Augustin Tschinkel musste mit Beginn des Austrofaschismus Österreich verlassen und kehrte in die Tschechoslowakei zurück. Unter anderem arbeitete er als Zeichenlehrer an der Staatlichen Grafischen Schule in Prag, wobei er auf seine in Wien erlernten Methoden zurückgreifen konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Tschinkel zunächst nach Leipzig, wo er von 1946 bis 1947 als Gebrauchsgrafiker arbeitete. Im Anschluss übersiedelte er nach Westberlin; ab 1956 war er in Salzburg Mitarbeiter des Instituts »Geo-Grafik«, eher er 1964 wieder nach Köln gelangte. In den 1950er Jahren pflegte Augustin Tschinkel brieflichen Austausch mit dem österreichischen Dadaisten Raoul Hausmann und verfasste auch selbst zahlreiche Schriften zum Thema Kunst. 1962 publizierte er unter dem Titel Das schwimmende Clavier eine Sammlung von »Bildreportagen aus Urgroßvaters Jugendzeit, zum Lachen und zum Weinen«, die in den 1880er und 1890er Jahren ursprünglich in der Wiener Zeitschrift Das interessante Blatt erschienen waren. 1975 nahm er in Berlin an der Ausstellung Politische Konstruktivisten. Die Progressiven 1919–1933 teil.

 

Augustin Tschinkel starb am 1. Mai 1983 in Köln.