Lot 1582 Dα

Im Vorfeld seines großen Gemäldes "Lasset die Kinder zu mir kommen" (188 x 290,5 cm, Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. 550) aus dem Jahr 1884 malte Fritz von Uhde mehrere Kinderstudien. Diese großformatigen Bilder waren in der Ausführung sehr weit durchgearbeitet, so dass man sie heute kaum mehr als Studien bezeichnen würde. Dass Uhde diese Bilder jedoch als solche betrachtete wird dadurch bestätigt, dass er sie zu ihrer Entstehungszeit nicht ausgestellt hat. Offenbar verblieben sie bis nach der Jahrhundertwende in seinem Atelier, und unsere "Kinderstudie" wurde erstmals 1902 im Kunstsalon Cassirer in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Unter dem Titel "Zwei Kinder" wurde es dann 1910 an den deutschen Kunstsammler Carl August Jung verkauft.
Unser Gemälde zeigt vor einem schlichten braunen Paravent zwei nach rechts gewandte und ruhig verharrende Mädchen, wobei die Strenge der Kompositon eine unsentimentale und doch zugleich einfühlsame Beschreibung der Kinder bewirkt. Die Studie wird in der Komposition des Gemäldes "Lasset die Kinder zu mir kommen" nicht wiederholt, und dass sie erst nach 1900 in Ausstellungen erscheint, ist charakteristisch für den Wandel der Uhde-Rezeption: die künstlerische Strenge machte gerade unsere "Kinderstudie" für das zeitgenössische "moderne" Auge zu einem besonders qualitätvollen Werk. Hans Rosenhagen zählte es schon 1902 zu "des Künstlers besten Leistungen." (op. cit., S. 261)