Lot 508 Nα

„Die menschliche Figur ist für mich nach wie vor Anlaß meiner Arbeit, sie steht am Beginn und wird am Ende stehen. Ich sehe das Thema durch nichts beschränkt und so aktuell als je. Es geht und ging niemals darum, die funktionelle Glaubwürdigkeit in der Gestaltung zu erhalten. Im Gegenteil, der Mensch in seiner körperlichen Realität ist für mich als Bildhauer nicht in dem Grad wichtig, wie er mir, unter allen Objekten, durch seine seelische Vielschichtigkeit der stärkste und durch nichts zu ersetzende Anreger ist. Die Verwandlung und Reduktion kann bis zur Unkenntlichkeit gehen, aber sie kann ebenso zu akademischen Kanon werden. […] Ich wurde noch nie auf einem Boden inspiriert, der von Kunst und Kultur gewissermaßen getränkt ist. Die Lust und der Einfall stellten sich einmaliger und vehementer in einer karger Landschaft ein und im Umgang und in der Berührung mit einfachen Menschen. Ich suche nicht das, was Gauguin gesucht hat, das natürliche Leben bei den Wilden. Nein, im Gegenteil, mir genügt eine alltägliche Stadt, die vom gegenwärtigen Leben erfüllt ist. Aus der Anschauung der ungekünstelten Lebensweise der anderen, einer Lebensweise, die nur dem Zweck der einfachen Existenz dient, lerne ich.“ (Fritz Wotruba, zit. nach: Fritz Wotruba, Ausst. Kat. Kestner-Gesellschaft, Hannover 1967, S. 14/15.)