Lot 322 Dα

Der Thüringer Reichsinnenminister Wilhelm Frick, seit 1928 Fraktionsvorsitzender der NSDAP im Reichstag, ließ im November des Jahres 1930 alle Säle des Weimarer Schlosses räumen, darunter auch die Werke von Ernst Barlach. Die Diffamierung seines Werkes durch die Nazis kündigte sich an. (vgl. Ulrich Bubrowski, "Ich bin entschlossen zu trotzen... " Die Tode Ernst Barlachs, in: Ernst Barlach. Beeldhouwer, Tekenaar, Grafikus, Schrijver 1870-1938, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1994/1995, S. 375). Öffentliche Aufträge blieben aus. Auch beendete Barlach sein dichterisches Werk. Der tiefe Ernst der politischen und persönlichen Situation, der intensive Moment des Innehaltens kommt in dem Motiv der beeindruckend großformatigen Christusfigur zum Ausdruck. Charakteristisch für das Werk Barlachs ist der strenge Formwillen dieser schlichten Gewandfigur und das in sich gekehrte Moment. Während die abstrakte Stilisierung noch an romanische Vorbilder erinnert, ist die Ansprache wie auch die Geste der empfangenden offenen Hände frisch und lebendig. Verbildlicht werden hier die Idee eines aufgeklärten Christentums wie auch die Vorstellung einer Erlösung durch die Menschwerdung Gottes.
Nach dem 1931 entstandenen Gipsmodell (Laur 473) wurde 1938, also im Jahr von Ernst Barlachs Tod, eine Bronze hergestellt. Posthum wurden seit 1950 14 unnummerierte Exemplare gegossen.