Nicolas Poussin - Landschaft mit Apoll und Marsyas - image-1

Lot 1264 Dα

Nicolas Poussin - Landschaft mit Apoll und Marsyas

Auktion 1067 - Übersicht Köln
21.05.2016, 11:00 - Alte Kunst
Schätzpreis: 200.000 € - 250.000 €
Ergebnis: 210.800 € (inkl. Aufgeld)

Nicolas Poussin

Landschaft mit Apoll und Marsyas

Öl auf Leinwand (doubliert). 73,5 x 90 cm.

Diese Landschaft mit Apoll und Marsyas stellt, wie Denis Mahon dargelegt hat, ein Werk Nicolas Poussins aus seiner frühen römischen Zeit dar. Mahon datiert das Bild um 1627 und sieht es als ein exemplarisches Beispiel für Poussins Bemühen um die Formulierung einer eigenen Landschaftsmalerei in Auseinandersetzung mit der klassischen und zeitgenössischen italienischen Kunst (Mahon, op. cit., passim).
Zu sehen ist eine sanfte Hügellandschaft, die links von einer Baumgruppe und rechts von einem Baum eingerahmt wird. Im Vordergrund befindet sich ein Fluss, in der Ferne sieht man die schneebedeckte Spitze eines Bergzugs. Die Landschaft wird von mehreren Figuren bevölkert: Rechts sieht man Apoll, mit einem Lorbeerkranz bekrönt und auf der Lyra spielend. Im Mittelgrund hockt der bocksbeinige Marsyas im Schatten der Bäume und bläst in seine Doppelflöte. Hinter ihm, im Schatten der Baumgruppe, stehen drei Männer, die das Geschehen beobachten, im linken Vordergrund lagert zudem eine weibliche Figur. Die Geschichte vom Wettbewerb zwischen Apoll und Marsyas findet sich unter anderem in Ovids Metamorphosen (6.382-400): Marsyas lässt sich auf einen musikalischen Wettbewerb mit Apoll ein. Als die Musen, die Richterinnen des Wettbewerbs, einen Gleichstand zwischen dem Gott und dem Satyr feststellen, erweitert Apoll den Wettbewerb zu seinen Gunsten: Marsyas solle, wie er selbst, sein Instrument umdrehen und spielen, er soll zudem sein Spiel mit Gesang begleiten - Marsyas mit seiner Doppelflöte kann weder das eine noch das andere. Er verliert den Wettbewerb und Apoll zieht ihm zur Strafe bei lebendigem Leibe die Haut ab. Nicolas Poussin stellt, anders als Tizian oder Ribera, nicht die grausame Bestrafung des Marsyas dar, sondern den Wettbewerb selbst.

Denis Mahon (und vor ihm Hugh Brigstocke) hat diese Landschaft mit Apoll und Marsyas mit einem anderen Landschaftsgemälde Nicolas Poussins in Verbindung gebracht, nämlich mit Numa Pompilius und die Nymphe Egeria im Musée Condé in Chantilly (Vergleichsabb.; Inv.-Nr. PE 301). Das vorliegende Gemälde folgt in der Landschafts- und Figurenkomposition dem Gemälde in Chantilly, das einst Cassiano dal Pozzo gehörte. Die Disposition der Landschaftselemente und der Figuren ist in beiden Gemälden nahezu identisch, im vorliegenden Gemälde sind nur der Baum am rechten Bildrand sowie die Figurengruppe hinter Marsyas ergänzt. So stellt Mahon Folgendes fest: „Certainly the relationship of The Contest of Apollo and Marsyas to the Chantilly picture is of so intricate a nature, and the handling and execution of both paintings is so similar, as to preclude a different hand for The Contest of Apollo and Marsyas“ (Mahon, op. cit., S. 26).

Poussin hat in seiner frühen römischen Zeit mehrmals Landschaftskompositionen wiederholt, so etwa Nymphe und trinkender Satyr (National Gallery of Ireland, Dublin und Museo del Prado, Madrid) oder Schlafende Nymphe und die Satyren (Kunsthaus Zürich, Zürich und National Gallery, London). Im vorliegenden Gemälde sieht Mahon ein Beispiel dafür, wie Poussin die Komposition wiederholt, dabei aber das Thema variiert. Ein Grund für den Themenwechsel könnte seiner Auffassung nach sein, dass der Wettbewerb zwischen Apoll und Marsyas ein bekannteres Thema darstellte als die etwas abseitige Geschichte von Numa Pompilius und damit zugänglicher für interessierte Kunstsammler. In Bezug auf die Provenienz des vorliegenden Gemäldes hat Mahon zudem die Erwähnung eines Bildes im Nachlassinventar Carlos II., Herzog von Mantua, aus dem Jahr 1665 ins Spiel gebracht, wo ein „quadro picolo la contesa de Marsia e Apolo co un altra figura del Posino“ gelistet ist.

Das vorliegende Gemälde lässt sich in eine Reihe von klassischen Landschaften einordnen, die Poussin in Auseinandersetzung mit Künstlern des Cinquecento wie Tizian, aber auch mit Zeitgenossen wie Pietro da Cortona geschaffen hat. Dazu zählt vor allem die Landschaft mit arkadischen Hirten (Walker Art Gallery, Liverpool), die etwas früher entstanden ist und in dem das Kompositionsschema des vorliegenden Gemäldes bereits ausgebildet ist (vgl. zur Entwicklung der frühen Landschaften Poussins und der Stellung des Gemäldes im Musée Condé innerhalb dieser Entwicklung: Konrad Oberhuber: Poussin - The Early Years in Rome. The Origins of French Classicism. New York 1988, S. 150).

Provenienz

Schwedischer Adelsbesitz - Carl Alden, London 1998. - Römische Privatsammlung.

Literaturhinweise

Hugh Brigstocke: Apollo e Marsia. In: Quadri e sculture, VI (1998), Nr. 33, S.22-35. - Hugh Brigstocke: II labirinto di Poussin. In: Quadri e sculture, VI (1998), Nr. 35, S. 38-43. - Denis Mahon: Nicolas Poussin. Works from his First Years in Rome (zugleich Ausst.-Kat. Palazzo delle Esposizioni, Rom/The Israel Museum, Jerusalem), Rom 1999, S. 25-27, Abb. 15, S. 88-89, Nr. 12.