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Lot 302 D

Cuno Amiet - Blumenstillleben

Auktion 1070 - Übersicht Köln
03.06.2016, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 80.000 € - 120.000 €
Ergebnis: 173.600 € (inkl. Aufgeld)

Cuno Amiet

Blumenstillleben
1908

Öl auf Leinwand 73,3 x 59 cm Vom Künstler gerahmt. Unten links in der Darstellung schwer leserlich gelb monogrammiert und datiert sowie unten rechts zusätzlich monogrammiert und datiert 'CA 08'.

Cuno Amiets bereits von seinen Zeitgenossen bewunderter wie kritisierter Stilpluralismus läßt sich bei dem hier angebotenen „Blumenstillleben“ am ehesten zwischen den Werken Giovanni Giacomettis und Ferdinand Hodlers verorten - mit dem einen ist er seit 1887 engstens befreundet, den anderen lernt er 1893 auf der Generalversammlung der Schweizerischen Künstler kennen. Zu dem Zeitpunkt hatte Amiet bereits an der Münchner Kunstakademie und anschließend an der Académie Julian in Paris studiert, gefolgt von einem längeren Aufenthalt in Pont-Aven. Giovanni Segantini, den Amiet ebenfalls sehr schätzt, trifft er 1896. 1905 werben ihn die Künstler der Dresdner Künstlervereinigung "Brücke" als Mitglied, 1911 lernt er in München die "Blauen Reiter" kennen.
Divisionismus, Cloisonismus, Symbolismus sind die Stilrichtungen der Stunde, in ihnen bewegt sich der Künstler mühelos. 1908, im Entstehungsjahr des „Blumenstilllebens“ werden Amiets Werke zusammen mit denen Giovanni Giacomettis und Vincent van Goghs im Züricher Künstlerhaus ausgestellt. Zudem wird den beiden Freunden zu Studienzwecken von Gertrud Müller aus Solothurn ihr berühmtes Gemälde „Der Oberaufseher des Asyls, Portrait Trabu“ von van Gogh leihweise zur Verfügung gestellt (s. Vergleichsabb.). Die Beschäftigung mit der Malerei van Goghs wirkt sich stilistisch unmittelbar auf Amiet in dieser Zeit aus. Doch ebenso wie unser „Blumenstillleben“ der farbkräftigen divisionistischen Expressivität des späten van Goghs folgt und auch den Symbolismus Hodlers noch erahnen läßt, darf man für die Entstehungsgeschichte sicher die häusliche Situation Amiets nicht außer Acht lassen. Denn der Künstler läßt sich in diesem Jahr ein dem Jugendstil verpflichtetes neues Haus bauen, in dem offenbar auch schon unser Stillleben entsteht.
Vor den rosafarbenen, hellblau geriffelten Ofenkacheln, die den Strauß wie eine Folie hinterfangen, heben sich Blumen und Vase effektvoll ab. Das Gelbgrün der Kugelbauchvase mit schlankem Hals, aus der in geballter Üppigkeit die runden Kußrosenköpfe quellen, steht in gezieltem, die Wirkung steigernden Komplementärkontrast zum rosa-violetten Umraum. Der Gegenstand ist aus der Farbe heraus entwickelt, die Rosenblüten sind gleichsam skulptiert. Die Komposition findet Vorbereitung in einer wesentlich kleineren Studie (Müller/Radlach 1908.41) und ist Beispiel für den von Amiet in diesen Jahren bevorzugten Stilllebentypus.
Unser bislang verschollen geglaubtes und lediglich durch eine kleine Farbskizze aus seinem Verkaufsbuch bekanntes „Blumenstillleben“ (s. Vergleichsabb.) schickte Cuno Amiet 1911 zu einer Ausstellung im Kunstverein nach Frankfurt, in demselben Jahr, in dem er in Köln mit einer Ausstellung im Gereonsclub reüssierte und nicht nur die Kölner Sammler zu Begeisterungsstürmen hinriß. „In Cöln grassirt [sic] immer noch die Amietitis und ich habe den Auftrag, mir Ihren Ateliervorrat anzusehen“, schreibt der berühmte Kunsthistoriker Wilhelm Worringer dem Künstler Ende 1911 (zit. nach Franz Müller/Viola Radlach, Cuno Amiet. Die Gemälde 1883-1919, Zürich 2014, Teil 1, S. 52).
Unser „Blumenstillleben“ wurde später in einer vom Frankfurter Kunstverein veranstalteten Auktion 1913 als „Rote Rosen“ angeboten und verblieb bislang mit unbekanntem Standort in Privatbesitz, aus dem es nun nach mehr als 100 Jahren der Öffentlichkeit wieder zugänglich ist. Mit seiner Entdeckung kann heute eine Forschungslücke geschlossen werden.

Werkverzeichnis

Müller/Radlach 1908.43 (SIK 1101250006), ohne Abb., "Standort unbekannt"

Zertifikat

Das Blumenstillleben entspricht dem unter 1908.43 geführten Eintrag im Werkverzeichnis. Wir danken Franz Müller, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich, für bestätigende Auskünfte. Das Gemälde wird in den Nachtrag des Werkverzeichnisses aufgenommen.
Ebenfalls danken wir Daniel Thalmann, Nachlass Cuno Amiet, Aarau, zusätzliche Auskünfte.

Provenienz

Cuno Amiet; Frankfurter Kunstverein, Frankfurt a.M. 1911; Frankfurter Kunstverein, Frankfurt a.M. 1913; Privatbesitz Hamburg, seitdem in Familienbesitz Dänemark

Ausstellung

Frankfurt a.M. 1911 (Frankfurter Kunstverein); Frankfurt a.M. 1913 (Frankfurter Kunstverein), Auktion 8.4.1913, lot 83 ("Rote Rosen")